Es klang wie eine Beschwörung. Vielleicht war es aber auch ein Appell an die Vernunft. Jedenfalls machte CVP-Präsident Gerhard Pfister (57) an der Delegiertenversammlung in Baden AG gestern Samstag klar, was das Ziel ist: «Wir wollen eine national relevante Kraft bleiben.»
Wählerschwund stoppen
Um den stetigen Wählerverlust aufzuhalten, will Pfister die Partei öffnen. Die CVP habe ein Potenzial von 20 Prozent Wähleranteil. «Das Problem besteht darin, dass Nicht-CVP-Wähler das C als kirchlich, religiös und katholisch wahrnehmen», so Pfister. Am Freitag schlug die Parteileitung deshalb einen neuen Namen vor, über den die Basis per Urabstimmung entscheiden wird: Die Mitte.
Der Vorschlag kam für die Delegierten nicht aus heiterem Himmel, die Debatte hatte sich über Monate hingezogen. Es zeigt sich aber auch: Wie gut der Name ankommt, hat viel mit der kantonalen Herkunft der Parteimitglieder zu tun – und mit der Frage, warum man in der CVP politisiert.
Jüngere Mitglieder, die nicht aus einer CVP-Familie stammen, stehen einem Namenswechsel tendenziell offener gegenüber. So sieht Ursi Depentor (45), Präsidentin der CVP Wettingen AG, den neuen Namen als Chance und meint sogar: «Es ist höchste Eisenbahn für eine Änderung!» Sie habe selber die Erfahrung gemacht, wie schwierig es sei, junge Menschen für ihre Partei zu begeistern.
Christlich schreckt ab
«Das C hat viele abgeschreckt», sagt Depentor. Auch Babette Sigg hält eine Namensänderung für den «einzigen richtigen Schritt». «Ich komme aus Zürich und muss mir dort immer wieder anhören: Ihr seid doch eine Katholikenpartei!», erklärt die Präsidentin der CVP-Frauen.
Mit ihrem Enthusiasmus gehörten die zwei in Baden allerdings eher zur Minderheit. Viele, wie auch Alessandro della Vedova (49) aus Poschiavo GR, hegen gemischte Gefühle.
Er hätte sich gewünscht, das C im Namen weiterzuführen, sagt der Bündner Grossrat, der aus einer katholischen Familie stammt. «Aber ebenso wichtig ist es, dass man die christlichen Werte lebt.» Daran ändere ein Namenswechsel ja nichts, so della Vedova.
Nun tröstet er sich damit, dass das C etwas versteckt weiterhin präsent ist: Tatsächlich gleicht die Klammer im neuen Parteilogo einem umgedrehten C. Am Ende werde er dem neuen Namen wohl zustimmen, sagt della Vedova. «Wir brauchen eine starke Mitte.»
Steht eine Spaltung bevor?
Ebenfalls aus dem Bündnerland ist Hans Maissen (64) angereist. Er finde es richtig, dass man sich Gedanken über den Namen mache, sagt der frühere CVP-Grossrat. «Aber, Stand heute, kann ich nicht dazu stehen, das C aus dem Parteinamen zu streichen.» Es bestehe die Gefahr einer Spaltung, sagt Maissen, «und dass wir unter dem Strich mehr Personen verlieren als gewinnen».
Als CVP sei man fassbar, habe eine starke Marke aufgebaut. «Wir sind eine bürgerliche Partei, die christliche Werte vertritt», so Maissen. Der Name Die Mitte symbolisiere dagegen kaum Inhalte. «Ich bin nicht kategorisch dagegen, aber im Moment bin ich skeptisch.»
Zu den erklärten Gegnern eines Namenswechsels gehört hingegen der Walliser Beat Rieder (57). Die Aufgabe des C sei der «Ruin der Partei», polterte der Ständerat im Juni und dieser Ansicht ist er weiterhin. «Für die Walliser Sektion ist der Name Die Mitte ein No-Go», sagt Rieder. Das Problem der CVP sei nicht ihr Name, sondern dass die Partei um des Kompromisses willen ihre Positionierung aufgegeben habe. «Die CVP hat die Schweiz vorwärtsgebracht, aber zu wenig auf ihre Werte und Inhalte geachtet, das hat der Partei geschadet.»
Zumindest im Wallis hat Parteichef Pfister also noch einiges an Überzeugungsarbeit zu leisten.