Aleppo ist gefallen. Die Stadt, deren Name für den scheidenden Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon (72) nun als Synonym steht für die Hölle. Das Wüten der Assad-Schergen und ihrer Verbündeten beschämt den Westen und lässt erneut Stimmen laut werden, den Menschen in Syrien verstärkt zu helfen. Bisher engagierte sich die Schweiz vor allem mit Geld: Seit 2011 setzte die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) 250 Millionen Franken zur Unterstützung der Opfer des Bürgerkriegs ein.
Zudem lieferte die Schweiz im Juli sieben Ambulanzen nach Aleppo, seit Oktober sind diese im Einsatz. Die Schweizer Ambulanzen in Syrien werden dringend benötigt: Auf Bildern aus den letzten Tagen in Aleppo waren die weissen Kleinbusse zu sehen, wie sie den Konvoi anführten, der die Zivilisten aus dem Osten der Stadt brachte.
Die Ambulanzen transportieren Verletzte und Tote. An den Sammelpunkten im Westen der Stadt versorgen sie Flüchtlinge aus dem Osten mit Medizin. Bilder zeigen, wie sich lange Menschenschlangen vor den Ambulanzen bildeten. Doch angesichts der Zerstörungen vor Ort und der Lage der Flüchtlinge innerhalb Syriens fordern Schweizer Politiker deutlich mehr Engagement.
So reichten die Grünen am letzten Tag der Session der eidgenössischen Räte einen Vorstoss ein, in welchem die Partei vom Bundesrat verlangt, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen als bislang beschlossen. «Die Landesregierung soll das Kontingent zur Aufnahme von 2000 besonders verletzlichen Syrienflüchtlingen auf mindestens 10000 Personen erhöhen», sagt Fraktionspräsident Balthasar Glättli (44). Vor einer Woche hatte der Bundesrat beschlossen, 2000 zusätzliche Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen.
«Wir begrüssen diesen Schritt, aber das reicht nicht. Die Schweiz kann mehr tun», sagt Glättli. Aber nicht nur die Schweiz, auch viele andere westliche Staaten hätten ihre Möglichkeit, Kontingentsflüchtlinge aufzunehmen, noch lange nicht ausgeschöpft. «Ich wünschte mir statt einen Wettbewerb der Flüchtlingsabwehr einen Wettbewerb der Menschlichkeit zwischen den Staaten», so der Zürcher Nationalrat. Zudem fordert seine Partei, dass die Schweizer Hilfe vor Ort «massiv» ausgebaut wird, um die Binnenflüchtlinge im Land besser zu versorgen.
Selbst wenn sich die Situation in den nächsten Monaten entspannen sollte, werde Syrien noch Jahre für den Wiederaufbau brauchen, die Nachbarstaaten würden weiterhin Hunderttausende von Flüchtlingen beherbergen, wie die Grüne Partei in der Begründung der Motion schreibt. Selbst SVP-Asylchef Andreas Glarner (54) hat gewisses Verständnis für die Forderung von links. «Grundsätzlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass echt verfolgte Menschen vorübergehend in der Schweiz aufgenommen werden», so der Aargauer Nationalrat. «Aber zuerst gilt es, Schengen/Dublin konsequent umzusetzen und jene auszuweisen, die eben kein Anrecht auf Asyl haben.»