Die fünf wichtigsten Tipps für die Geldgebe-Saison
Vorsicht vor diesen Spenden-Fallen!

In keinem Monat wird so viel gespendet wie im Dezember. Doch Gutes zu tun, ist gar nicht so einfach. Die Auswahl an Hilfsorganisationen und Projekten ist riesig. BLICK gibt Tipps, wie man am sinnvollsten hilft.
Publiziert: 08.12.2019 um 23:35 Uhr
|
Aktualisiert: 09.12.2019 um 13:39 Uhr
1/6
Viele Spendenaktionen unterstützen die vielen Flüchtlingskinder auf der ganzen Welt.
Foto: Solidar Swiss
RMS_Portrait_AUTOR_1049.JPG
Lea HartmannRedaktorin Politik

Gegen Ende Jahr stapeln sich im Briefkasten die Bettelbriefe. Weihnachtskärtchen, Kalender, eine Rettungsdecke oder eine Spendenurkunde: Oft versuchen Hilfswerke, mit einem kleinen Geschenk die Portemonnaies zu öffnen. Für viele Empfänger kein Grund zur Freude, sondern immer wieder ein Ärgernis. Denn viele der Gschenkli dürften vom Couvert direkt in den Mülleimer wandern – oder weit hinten in einer Schublade verstauben.

Doch die Spendenaufrufe zahlen sich aus. Über 1.8 Milliarden Franken haben Schweizer Hilfswerke im vergangenen Jahr erhalten, zwei Drittel von Privathaushalten. «Über 80 Prozente der Schweizer Haushalte haben in den vergangenen zwölf Monaten gespendet», sagt Martina Ziegerer (54). Sie ist Geschäftsleiterin der Stiftung Zewo, die Hilfswerke zertifiziert.

Rund 500 Hilfswerke tragen ihr Siegel, unzählige weitere sind in der Schweiz auf Spendenfang. Im Dickicht der Hilfsorganisationen und Spendenaufrufe den Überblick zu behalten, ist nicht einfach. Was raten Expertinnen und Experten? BLICK hat nachgefragt und einen Kompass für den Spenden-Dschungel erstellt:

1. Lassen Sie nicht nur das Herz entscheiden!

Wer spendabel sein will, muss auswählen, wen er beschenken will. Doch nach welchem Kriterium? Einen wichtigen Hinweis liefert, wie viele Prozente der Spendeneinnahmen ein Hilfswerk für die eigene Verwaltung ausgibt – statt für die Hilfsprojekte. Aber obacht: Die Zahl sagt nur wenig darüber aus, wie effektiv eine Organisation tatsächlich arbeitet.

Sebastian Schwiecker (40), Gründer der Website effektiv-spenden.org, sagt: «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Verwaltungskosten und der pro Franken erzielten Wirkung eines Projekts.» Der Deutsche beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, wie die Wirksamkeit von Hilfsorganisationen gemessen werden kann. Er betont: «Je nachdem kann eine Massnahme oder ein Hilfswerk bis zu 100-mal effektiver sein als ein anderes.»

Schwiecker empfiehlt deshalb, gezielt zu spenden: Für Entwurmungsmittel, Moskitonetze oder die Malaria-Prophylaxe. Denn jährlich sterben in Entwicklungsländern Hunderttausende Menschen an Wurmkrankheiten oder an Malaria. Hilft man mit, diese Zahl zu reduzieren, sei das wirksamer als beispielsweise Schuluniformen für arme Kinder zu finanzieren. Denn Bildung sei zwar entscheidend – «aber wenn ein Kind krank ist, nützt ihm auch eine Schuluniform nichts».

2. Seien Sie vorsichtig mit dem Zewo-Siegel!

Für Privatpersonen ist es schwierig und vor allem zeitaufwendig, zu recherchieren, welchem Hilfswerk man vertrauen darf. Deshalb gibt es die Zewo. Doch: «Man sollte sich nicht einfach auf das Zewo-Siegel verlassen», warnt Sonja Dinner (57). Die Gründerin und Präsidentin der Dear Foundation, einer Stiftung mit Hilfsprojekten in mehreren Ländern, kennt sich im Schweizer und internationalen Spendenmarkt gut aus.

Sie gibt zu bedenken, dass die Zewo zwar wichtige Rahmenbedingungen prüfe – zum Beispiel, ob eine Organisation transparent ist, ihre Mittel effizient einsetzt und fair Spenden sammelt –, doch das seien eben nur Mindeststandards.

Die Zewo steht zudem in der Kritik, weil es die Zertifizierung nicht umsonst gibt. Das ganze Prüfverfahren kostet mehrere Tausend Franken. Zudem muss sich ein Hilfswerk alle paar Jahre erneut zertifizieren lassen. Dazu kommt eine jährliche Lizenzgebühr. Gerade für kleine Hilfswerke kann das schnell zu teuer werden.

Aus Sicht der Zewo hingegen ist das Preis-Leistungs-Verhältnis angemessen. «Gerade für kleine Organisationen ist das Gütesiegel ein Qualitätsausweis, der ihnen beim Spenden sammeln hilft», sagt Ziegerer. Sie räumt aber ein: Es heisse nicht automatisch, dass ein Hilfswerk ohne Siegel schlecht sei. Dann müsse man aber auf jeden Fall genauer hinschauen.

3. Beschränken Sie sich!

Was ist besser: Lieber wenigen Hilfswerken mehr zu spenden oder mehreren Organisationen weniger? Hier ist die Antwort klar: Ihr Geld bewirkt mehr, wenn Sie es nicht zu sehr verteilen. Die Zewo empfiehlt, nur wenige Organisationen zu unterstützen – und wenn man sich mal entschieden hat, den Hilfswerken auch einige Jahre treu zu bleiben. Das ist einerseits für die Hilfswerke effizienter, denn so sinkt für sie der Aufwand – und es bleibt ihnen mehr für die Hilfsprojekte. Andererseits erhält man so selbst automatisch auch weniger Spendenaufrufe.

Apropos Aufrufe: Wer sich über die Bettelbriefe nervt, kann sich aus der Adressdatenbank streichen lassen.

4. Spenden Sie nicht zu spezifisch!

Spender haben meist die Option, für ein bestimmtes Projekt oder der Organisation allgemein zu spenden. Das eine ist nicht unbedingt besser als das andere. Aber bei grossen Spenden oder Legaten sei es nicht sinnvoll, den Spendenzweck zu eng zu fassen, sagt Ziegerer. Wer einem Hilfswerk einen grossen Betrag vermacht, diesen aber auf viele Jahre hinaus auf ein bestimmtes Projekt beschränkt, riskiert, dass dereinst das Problem gar nicht mehr akut ist – das Geld dafür andernorts fehlt.

5. Hände weg von Patenschaften!

Noch immer gibt es Hilfswerke, die Kinderpatenschaften anbieten. Experten sind sich einig: Davon sollte man dringend die Finger lassen. Stiftungs-Präsidentin Dinner weiss von Fällen, in denen Schweizer ein Patenkind unterstützten, das schon längst tot war. Oder von Frauen in Sibirien, die im Namen von Hilfswerken angebliche Dankesbriefe der Patenkinder fälschten.

Selbst wenn eine Organisation an sich seriös ist, sind Patenschaften im Ausland keine gute Idee. Die Zewo warnt unter anderem, dass es zu Spannungen in Gemeinschaften kommen könne, wenn ein Kind bevorzugt werde. «Zudem schüren sie falsche Erwartungen, etwa wenn sich Paten vom persönlichen Kontakt mehr Einflussnahme oder Kontrolle erhoffen, als in Realität möglich ist, oder auch wenn sie bei den Kindern unerfüllbare Hoffnungen wecken, die sich nicht erfüllen», sagt Ziegerer. Die Zewo empfiehlt stattdessen eine Projektpatenschaft ohne persönlichen Kontakt zu einem Kind.

Bitte melde dich für eine Teilnahme an!
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?