Vor neun Jahren hiessen die Schweizer Stimmberechtigten den Beitritt zum Schengener Abkommen gut. Jetzt droht der Schweiz ein grosser Konflikt mit diesem Vertrag. Nach den Terroranschlägen in Paris will die EU die Waffengesetze massiv verschärfen. «Wir schlagen strengere Kontrollen für Verkauf und Registrierung von Feuerwaffen vor», sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (61).
Das trifft die Schweiz ganz direkt: Der Bundesrat macht klar, dass die Eidgenossenschaft als Schengen-Mitglied die Anpassungen übernehmen muss (siehe Box) – dazu hat sich die Schweiz beim Beitritt zu dem Vertragswerk verpflichtet.
Unter das Verbot der voll und halb automatischen Schusswaffen, das Brüssel derzeit prüft, fallen Schweizer Sturmgewehre. Armeeangehörige könnten ihre Waffe nicht länger behalten. Schützen und Jäger müssten künftig begründen, warum sie eine Schusswaffe benötigen – und einen medizinischen Test bestehen, so die Brüsseler Planspiele.
Die Schweizer Politik reagiert heftig: «Diese Verschärfung kann die Schweiz so nicht übernehmen», sagt der scheidende CVP-Präsident Christophe Darbellay (44). Ein solches Gesetz wäre «nicht kompatibel mit unserer Milizarmee und unserem Schützenwesen», ist der Walliser überzeugt.
In der Nacht vom 13. November 2015 richteten islamistische Terroristen in Paris ein Blutbad an. Sie töteten 130 Menschen, über 350 wurden verletzt. Darauf beschloss die EU-Kommission, die Waffengesetze zu verschärfen. Das soll verhindern, dass Waffen Terroristen in die Hände fallen, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (61) erklärte. Der Verkauf von Waffen und Munition übers Internet würde verboten. Private sollen keine automatischen und halb automatischen Feuerwaffen mehr erwerben können. Wird das Gesetz beschlossen, muss die Schweiz als Schengen-Mitglied die Verschärfung übernehmen. Das erklärte der Bundesrat diese Woche in einer Antwort auf einen Vorstoss der SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz (34, VD). Eine Nichtübernahme könnte in letzter Konsequenz die Kündigung des Schengen-Vertrages bedeuten. Bis der Entwurf zum Gesetz wird, kann es noch dauern: Das EU-Parlament und der Ministerrat müssen der Vorlage zustimmen. Deutschland, Finnland oder Österreich haben bereits Vorbehalte angemeldet.
In der Nacht vom 13. November 2015 richteten islamistische Terroristen in Paris ein Blutbad an. Sie töteten 130 Menschen, über 350 wurden verletzt. Darauf beschloss die EU-Kommission, die Waffengesetze zu verschärfen. Das soll verhindern, dass Waffen Terroristen in die Hände fallen, wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker (61) erklärte. Der Verkauf von Waffen und Munition übers Internet würde verboten. Private sollen keine automatischen und halb automatischen Feuerwaffen mehr erwerben können. Wird das Gesetz beschlossen, muss die Schweiz als Schengen-Mitglied die Verschärfung übernehmen. Das erklärte der Bundesrat diese Woche in einer Antwort auf einen Vorstoss der SP-Nationalrätin Rebecca Ruiz (34, VD). Eine Nichtübernahme könnte in letzter Konsequenz die Kündigung des Schengen-Vertrages bedeuten. Bis der Entwurf zum Gesetz wird, kann es noch dauern: Das EU-Parlament und der Ministerrat müssen der Vorlage zustimmen. Deutschland, Finnland oder Österreich haben bereits Vorbehalte angemeldet.
Für Darbellay, der im vergangenen Jahr als Präsident des Eidgenössischen Schützenfestes in Raron VS und Visp VS amtete, ist der Schiesssport eine «der ältesten und schönsten Traditionen unseres Landes». Und die Armeeanghörigen würden mit dem Gesetz einem Generalverdacht unterstellt: «Es geht doch nicht, dass wir unsere Soldaten, die zur Not ihr Leben für das Land opfern, kriminalisieren!»
Die Schweiz müsse die Verschärfung mit den anderen Schengen-Mitgliedstaaten diskutieren, ist der CVP-Chef überzeugt. Und macht klar: «Es wäre schön, wenn wir bei Schengen dabeibleiben könnten – aber nicht um jeden Preis.»
Ähnlich argumentiert die ehemalige Zürcher Regierungsrätin Rita Fuhrer (62), die zwischen 2006 und 2009 den Schweizer Schiesssportverband präsidierte: Was die EU da anstrebe, sei eine «Alibi-Übung»: «Das Terror-Argument sticht nicht. Terroristen beziehen ihre Waffen aus anderen Quellen», sagt sie. Notfalls müsse die Schweiz einen Schengen-Austritt in Kauf nehmen. «Im wichtigsten Bereich – dem Asylwesen – funktioniert das Abkommen sowieso nicht. Und die Polizeizusammenarbeit mit anderen Ländern würde mit Sicherheit in beidseitigem Interesse weitergeführt.»
Auch die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats – Corina Eichenberger (61, FDP) – fordert einen Marschhalt: «Ich kann die Vorschläge der EU nicht akzeptieren», sagt sie. Die Schweiz müsse eine Spezialregelung mit der EU aushandeln. Die Milizarmee und der Umstand, dass Wehrmänner ihre Waffen nach Hause nehmen, gehörten zur «schweizerischen DNA».
Sicher ist: Die Schweiz steckt einmal mehr in der Zwickmühle. Einerseits sagten die Bürger Ja zu Schengen-Dublin. Andererseits sprachen sie sich dafür aus, dass Dienstpflichtige ihre Gewehre nach Hause nehmen (2011) – und dass die Schweiz auf eine Miliz-armee (2013) setzt.
Während die Vorschläge aus Brüssel im bürgerlichen Lager wohl chancenlos sind, gibt es auf linker Seite auch Zustimmung. SP-Nationalrätin und Sicherheitspolitikerin Chantal Galladé (43) kämpfte vor fünf Jahren an vorderster Front für eine Verschärfung des Waffengesetzes. Sie sagt: «Dieses Gesetz würde auch die Schweiz sicherer machen.» Man könne nicht wissen, wann sich ein Soldat radikalisiere und zum Terroristen werde. «Unser Land ist ein Kuriosum auf dieser Welt: Der Staat verteilt Waffen an seine Bürger. Wo gibts denn so etwas?»
Und Schweizer Sturmgewehre, glaubt Galladé, «sind ideal für Anschläge».