Das Rennen um das SP-Präsidium wird doch noch spannend! Auch ein Tandem bestehend aus den SP-Nationalräten Priska Seiler Graf (51, ZH) und Mathias Reynard (32, VS) will die Nachfolge von SP-Chef Christian Levrat (49) antreten. Damit bekommt das Duo mit Mattea Meyer (32, ZH) und Cédric Wermuth (33, AG) ernsthafte Konkurrenz.
Am Parteitag Anfang April in Basel kommt es zum Showdown. BLICK nimmt die beiden Tickets unter die Lupe und zeigt auf, wo welches Tandem punktet.
Abdeckung des Parteispektrums
Das Duo Meyer/Wermuth politisiert pointiert links – und fordert etwa eine Sondersteuer für Superreiche.
Seiler Graf hingegen gilt als pragmatische Vertreterin des Realo-Flügels, die nicht gleich den Kapitalismus überwinden will. Reynard hat seine Wurzeln in der Juso und vertritt den gewerkschaftlichen Flügel.
Auch sonst sind Letztere breiter aufgestellt: Er ist Romand, lebt in einem Dorf, zählt zur jüngeren Generation. Sie vertritt die Deutschschweiz, lebt in der Stadt Kloten, gehört zur Ü50-Gruppe. Meyer/Wermuth hingegen sind fast gleich alt, aus der Deutschschweiz und städtisch geprägt.
Fazit: Punkt für Seiler/Reynard. Sie fliegen mit beiden Flügeln.
Mobilisierungskraft
Meyer/Wermuth stehen für einen «linken Aufbruch». Beide sind stark in der Kampagnenführung und haben die sozialen Medien im Griff. Das Ticket polarisiert, doch das mobilisiert eben auch.
Seiler/Reynard plädieren wenig visionär für eine «Stärkung des Zusammenhalts und der inneren Demokratie». Reynard hat der CVP im Wallis zwar fast einen Ständeratssitz abgeluchst. Doch Seiler Graf muss als Co-Präsidentin der Zürcher Kantonalpartei für Wahlverluste geradestehen.
Fazit: Punkt für Meyer/Wermuth. Sie treffen mitten ins Sozi-Herz.
Führungserfahrung
Seiler Graf hat als Klotener Stadträtin als einzige Exekutiverfahrung und führt derzeit als Co-Präsidentin die Zürcher Kantonalpartei. Reynard führte die Juso Unterwallis und präsidiert derzeit die Unterwalliser Unia-Sektion.
Meyer und Wermuth haben die nationale Juso angeführt. Sie als Vize, er als Präsident. Wermuth stand als Co-Präsident auch der Aargauer Kantonalpartei vor, Meyer war Co-Präsidentin der SP Winterthur.
Fazit: Punkt für Seiler/Reynard. Dank der Exekutiverfahrung.
Teamwork
Meyer und Wermuth kennen sich aus Juso-Zeiten, arbeiten seit Jahren zusammen, ticken gleich und vertrauen sich blind.
Ganz anders die Ausgangslage für Seiler Graf und Reynard: Wirklich viel hatten sie bisher nicht miteinander zu tun. Es braucht viele Absprachen, um eine Kakofonie zu verhindern.
Fazit: Punkt für Meyer/Wermuth. Sie sind politische Zwillinge.
Kompromissfähigkeit
Um als Parteichef Erfolg zu haben, braucht es nicht nur Wähleranteile, sondern auch inhaltliche Erfolge. Wer stur auf seinem Standpunkt beharrt, kommt da nicht weit.
Seiler Graf ist sich als Exekutivpolitikerin Kompromisse gewohnt. Reynard gilt als bodenständig. Meyer/Wermuth dagegen argumentieren ideologisch – das schreckt Bürgerliche ab.
Fazit: Punkt für Seiler/Reynard. Sie funktionieren überparteilich.
Stammtisch-Tauglichkeit
Mit Meyer/Wermuth dürfte eine Stammtisch-Debatte leidenschaftlich ausfallen. Auf Otto Normalbürger wirkt ihr Dozenten-Stil aber auch verbissen bis abgehoben.
Da dürften es Seiler/Reynard leichter haben. Erst recht, wenn er seinen welschen Lausbuben-Charme ausspielt. Wäre kaum gehässig, aber langweiliger.
Fazit: Punkt für Seiler/Reynard. Sie sind gemeinverträglicher.
Promifaktor
Wermuth schlägt mit seinem Bekanntheitsgrad alle anderen aus dem Feld. Er machte als Hausbesetzer, Jointdreher und streitlustiger Juso-Chef Schlagzeilen. Meyer posierte aus Protest in einer Barbie-Schachtel oder reiste in Flüchtlingscamps.
Reynard ist in der Westschweiz bekannt wie ein bunter Hund. Doch ingesamt hat sein Team Aufholbedarf.
Fazit: Punkt für Meyer/Wermuth. Die wissen sich in Szene zu setzen.
Resultat des BLICK-Checks: Das Duo Seiler/Reynard liegt mit 4 zu 3 Punkten knapp vorn. Entschieden ist das Rennen damit aber noch lange nicht. Es bleibt spannend.