Grosser Bahnhof im Berner «Bellevue»: Heute diskutieren im Nobelhotel Minister von 14 europäischen und afrikanischen Ländern darüber, wie man Migranten im Mittelmeerraum schützt und Fluchtursachen bekämpft.
Zeitgleich trifft sich 200 Meter weiter die Finanzkommission des Nationalrats, um das Budget 2018 zu beraten. Was auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hat, hängt auf den zweiten eben doch eng zusammen: Im «Bellevue» will Asylministerin Simonetta Sommaruga (57) Projekte lancieren, um die Lebensbedingungen in Afrika zu verbessern, am Bundeshaus streicht das Parlament die Gelder für die Entwicklungshilfe zusammen.
100 Millionen weniger für Hilfsprojekte
BLICK weiss: Die Kommission wird einen Antrag der SVP beraten, der fordert, dass das Aussendepartement EDA im kommenden Jahr 100 Millionen Franken einsparen muss. Dies im sogenannten Transferbereich. Das heisst: Es soll nicht bei den Botschaftern oder Berner Beamten gespart werden, sondern vor allem bei der Entwicklungshilfe.
Und auch hier nicht bei den Angestellten der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) oder an deren Büromaterial, sondern bei den Beiträgen für internationale Organisationen und bei ganz konkreten Hilfsprojekten in Afrika, Asien und Südamerika. 96 der 100 Millionen Franken fehlen der Entwicklungshilfe, wenn der Antrag durchkommt. Und danach sieht es aus, weil in der Finanzkommission Entwicklungshilfe-kritische Stimmen aus SVP und FDP eine Mehrheit haben.
Es drohen Bauruinen
Dabei hat bereits der Bundesrat die Sparschraube bei der Deza angezogen. Im Budget 2018 sind für die Entwicklungshilfe 150 Millionen Franken weniger einberechnet als zuvor im Finanzplan vorgesehen war.
Kommt der Antrag der SVP in der Finanzkommission durch, droht der Schweizer Entwicklungshilfe insgesamt eine Kürzung von einer Viertelmilliarde Franken. Von einem Jahr auf das andere.
Das bedeutet, dass bereits begonnene Projekte eingestellt werden müssen – halb fertige Brunnen und Bauruinen statt Brücken und Schulen sind die Folge. «Bei der Entwicklungszusammenarbeit wurde schon massiv gekürzt», erinnert BDP-Nationalrätin Rosmarie Quadranti (60) an das letzte Sparprogramm, zu dem die internationale Zusammenarbeit 25 Prozent der Kürzungen beitrug.
Quadranti beobachtet eine Entsolidarisierungswelle im Land, die immer mehr Bereiche erfasse. Die Zürcherin warnt: «Erneute Streichungen sind ein Frontalangriff auf Schweizer Organisationen wie das Rote Kreuz und das Kinderdorf Pestalozzi. Damit ruinieren die Rotstift-Vertreter jene Schweizer Werte, die ihnen nach eigenen Aussagen heilig sind.»