Sowohl im National- wie auch Ständerat sitzen so viele Frauen wie noch nie zuvor. Doch die Freude über den grossen Schritt in Richtung Gleichstellung währte nicht überall lange: Der Aargau wählte am 24. November in einer Ersatzwahl für den Regierungsrat nicht die SP-Kandidatin Yvonne Feri (53), sondern den SVP-Mann Jean-Pierre Gallati (53).
Aargau, bevölkerungsmässig der viertgrösste Kanton, wird neu von einem reinen Männergremium regiert. Der Kanton ist damit bereits der fünfte nach Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Luzern und dem Tessin.
Der sechste folgt demnächst, wie die «NZZ» berichtet: Bereits steht fest, dass nach den Urner Wahlen vom 8. März keine Frau mehr in der Exekutive sitzen wird. Die in den Ständerat gewählten Heidi Z'graggen von der CVP und Barbara Bär von der FDP treten nicht mehr an, und für die sieben Sitze bewerben sich neun Kandidaten – ausschliesslich Männer.
Diskrepanz zwischen Deutsch- und Westschweiz
Die Parteien weisen die Verantwortung frustriert von sich. «An uns liegt es nicht, dass sich keine Frau zur Verfügung stellt», zitiert die Zeitung FDP-Kantonalpräsident Ruedi Cathry. «Einige angefragte Frauen fühlten sich noch nicht reif genug, für andere standen der Beruf oder die Familie im Vordergrund, und wieder andere wollen schlicht und einfach keine Regierungsverantwortung übernehmen.»
Dabei zeige ein Blick auf kantonale Wahlen im kommenden Jahr, dass sich Parteien in der Deutschschweiz mit der Suche nach Kandidatinnen schwer tun, während Frauen in den Westschweizer Kantonen «inzwischen fast automatisch gewählt» würden. So werde im Kanton Waadt die FDP-Kandidatin Christelle Luisier Brodard so gut wie sicher ihre in den Nationalrat gewählte Parteikollegin Jacqueline de Quattro ersetzen, und im Kanton Jura dürfte die Frauenvertretung sogar grösser werden.
Ein Hoffnungsschimmer bleibe in der Deutschschweiz der Kanton St. Gallen, der am 8. März Regierung und Parlament neu bestimmt und für weiblichen Ersatz gesorgt sei. Thurgau und Schwyz würden dieses Jahr voraussichtlich die Wiederwahl von Frauen bestätigen. Ausgerechnet im konservativen Innerschweizer Kanton, wo Parteien ansonsten ausschliesslich auf Frauen setzen, bleibe die Freisinnige Petra Steimen als Frau allein auf weiter Flur neben sechs Männern im Regierungsrat.
West-Ost-Gefälle wächst noch
Demnach ist das West-Ost-Gefälle bereits heute gross. In den sieben französisch- und zweisprachigen Kantonen sitzen 13 Frauen in den Staats- und Regierungsräten, in 18 Deutschschweizer Kantonen sind es deren 24 – und im Tessin gar keine.
Offenbar hinkt der östliche Teil des Landes der Romandie in Sachen Frauenförderung schon seit Jahrzehnten hinterher. In der Westschweiz hatten Frauen das nationale Stimmrecht bereits 1969 erhalten, und nicht erst 1971. Danach wurden Frauen in der Romandie auch viel schneller in bedeutende politische Ämter gewählt.
Eine weiter Erklärung dürfte in der stärkeren Vertretung der SP in der Westschweiz liegen, was sich auch in der stärkeren Vertretung der Frauen niederschlägt. (kes)