Seit einer Woche sitzt Derek Richter (49) im Gemeinderat der Stadt Zürich. Der gelernte Schiffskapitän war für einen zurückgetretenen Parteikollegen nachgerückt. «Sodeli, in drei Stunden ist meine erste Sitzung», freute er sich am Mittwoch öffentlich auf Twitter.
Ein SVP-Anhänger aus der Limmatstadt fand das nicht so prickelnd. «Und wieder hat die Partei einen Rechtsextremen in ihren Reihen», sagt der Mann, der seinen Namen nicht gedruckt sehen will.
Es sei «unsäglich und verantwortungslos», dass Richter jetzt ein öffentliches Amt bekleide, der Auftritt des SVP-Gemeinderats in sozialen Netzwerken sei skandalös. Im November twitterte Derek Richter: «Gibt es eine Steigerung zu Rinderwahn? Ja, es nennt sich Frauenquote.» Und auf Facebook frotzelte er, dass er Frauen helfen könne, die ein eigenes Zimmer wollen. «Es nennt sich hier bei mir Küche», schrieb er.
Auch über Ausländer zieht Richter her. Den Schweizerpsalm möchte er wie folgt umdichten: «Überall auf Stufen und Kanten, sitzen Asylanten mit Verwandten. An Renten ist für uns nichts mehr zu holen, denn leider kommen wir ja nicht aus Polen. Der Ali hat Kohle, der Hassan hat Drogen, der Schweizer zahlt und wird noch betrogen.»
Franzosen bezeichnet er in einem anderen Beitrag mit einem Begriff aus vergangenen Jahrhunderten: «Froschfresser».
Im Übrigen ist der SVPler Facebook-Fan der Vereinigung Pro NRW, die in Deutschland als verfassungsfeindlich eingestuft wurde. Er verteidigt auch die Direktdemokratische Partei Schweiz, gegründet von einem Ex-Neonazi.
Und er ist Fan der Sängerin Dee Ex. Sie drehte in diesem Jahr ein rechtsradikal inspiriertes Musikvideo gegen die EU – ausgerechnet auf dem Berliner Holocaust-Denkmal gegen den Nazi-Massenmord: «Gegen die EU-Zionisten schreiten wir vereint in den Krieg.»
Schliesslich gibt sich Richter als Waffenfan zu erkennen. Für seine Pistole wollte er via Facebook einen Laserzielaufsatz aus den USA bestellen, obwohl Erwerb und Einfuhr solchen Zubehörs verboten sind. Nachdem ein Bauer auf einen Velofahrer geschossen hatte, kommentierte er zufrieden: «Wenn Smith & Wesson (Waffenmarke; Red.) sprechen, hören die Leute zu.»
Die Zürcher SVP sieht im Internetauftritt ihres neuen Gemeinderats kein Problem. «Jeder muss selber wissen, wie er sich in sozialen Netzwerken darstellt», sagt Präsident Roger Liebi (53). «Ich konnte nirgends einen Verstoss gegen das Gesetz feststellen.»
Richter selbst sagt: «Ich lasse mir meinen Geschmack, meine persönliche Meinung und mein Verhalten nicht von irgendwelchen Gesinnungsschnüfflern aus dem Internet aufzwingen.» Ein «gefällt mir» auf Facebook bedeute nicht, mit allen Absichten einer Person einverstanden zu sein.
«Ich muss mich nicht für irgendwelche spontan entstandenen Meinungsäusserungen im Nachhinein verteidigen», stellt SVP-Gemeinderat Richter klar.