Auf der Welt gebe es zu viele übergewichtige, kranke und betagte Menschen. «Corona bereinigt das jetzt. Ist das wirklich so schlimm, und müssen wir die auf Teufel komm raus alle ‹gesund› päppeln und am Leben erhalten?» Mit diesen Worten schrieb sich der Zürcher FDP-Lokalpolitiker Marco Kiefer vor gut einer Woche politisch ins Abseits.
Der Tweet sorgte für so heftige Reaktionen, dass der Mann ihn bereits nach kurzer Zeit wieder löschte und sich – allerdings ziemlich halbherzig – für seine Aussagen entschuldigte. Anschliessend tauchte Kiefer, Dauer-Twitterer und Mitglied einer Kreisschulbehörde in der Stadt Zürich, ab. Auf Anfragen reagierte er nicht, sein Twitter-Profil benannte er erst um und löschte es schliesslich vorübergehend.
Kiefer trat zurück – aber nicht ganz
Auf Twitter ist der Lokalpolitiker inzwischen wieder zurück. Bei der FDP dafür ist Schluss: Kiefer ist aus der Partei zurückgetreten. Das bestätigt Severin Pflüger, Präsident der Stadtzürcher FDP, gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Die Partei hatte Kiefer «mit Nachdruck» zu diesem Schritt aufgefordert. Wäre er nicht freiwillig gegangen, wäre ein Rausschmiss erfolgt. Die FDP verlangte vom Lokalpolitiker zudem, sein Amt in der Schulbehörde niederzulegen.
Dieser Aufforderung kam Kiefer nur zum Teil nach. Zwar ist er als Präsident der Aufsichtskommission der Schulbehörde zurückgetreten, wie er selbst auf Anfrage des «Tages-Anzeigers» mitteilt. Ganz aus der Behörde ausgetreten ist Kiefer aber bislang nicht. Diese hat ihn allerdings laut eigenen Angaben von allen Aufgaben entbunden, «soweit es die gesetzlichen Bestimmungen erlaubten». Was bedeutet: Der inzwischen Parteilose darf nur noch an wenigen Sitzungen dabei sein.
Nicht der erste Shitstorm
Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Kiefer mit einer unüberlegten Aussage auf Twitter einen Shitstorm auslöst. Vor sechs Jahren hatte er getwittert, dass linke und grüne Politikerinnen einen «Schlampenlook» hätten. «Stylingberatung wäre angesagt», giftelte er. Auch damals sorgte der Tweet parteiintern für rote Köpfe – allerdings nicht bei der FDP, sondern der SVP, der Kiefer damals noch angehörte. Zu den Freisinnigen wechselte er erst vor weniger als zwei Jahren. (lha)