Sie gehört zu den Corona-Medienkonferenzen wie das Desinfektionsmittel an den Ladeneingang: die Maskenfrage. Seit Anfang März sind Vertreter des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und der zuständige Bundesrat Alain Berset (48) immer wieder zur offiziellen Haltung dazu gegrillt worden – mit wechselnden Antworten. Noch zu Beginn war die Antwort eindeutig: Masken gibt es nur fürs Gesundheitspersonal. Wer nicht krank ist, braucht auch keine. «Schutzmasken sind, wenn sie in der allgemeinen Bevölkerung getragen werden, sehr wenig wirksam», so «Mr. Corona» Daniel Koch vom BAG am 16. März.
Zwei Wochen später führt Österreich das Maskenobligatorium in der Öffentlichkeit ein, weitere Länder folgen. Das Mantra in der Schweiz bleibt gleich. Daniel Koch warnt davor, dass mit der Maske das Risiko besteht, sich in «falscher Sicherheit» zu wiegen, und dabei die Hygiene- und Abstandsregeln ausser Acht gelassen werden. Anfang April ist Koch damit auch ganz auf der Linie der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Doch je länger die Krise dauert, desto grösser wird die Verwirrung. Im April schliesslich, als der Bundesrat die ersten Lockerungsschritte ankündigt, empfiehlt er zum ersten Mal Masken auch für Gesunde – nämlich dann, wenn der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann. Masken nützen nun doch etwas: Nicht als Schutz für den Träger, sondern als Schutz aller anderen. Die ÖV-Branche würde sich schon jetzt eine Pflicht wünschen, denn die Empfehlung an die breite Bevölkerung verpufft wirkungslos.
Anfang Juni ändert auch die WHO ihre Haltung und empfiehlt ebenfalls Masken, wenn der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden kann. Am 19. Juni steigt der Bundesrat aus dem Notrecht aus in die «besondere Lage». Die Maskenfrage schiebt Berset nun auf die Kantone ab. Doch die können sich nicht einigen. Bern, Tessin und Genf sind kurz davor, vorzupreschen. Bis am Mittwoch: An der letzten Sitzung vor den Sommerferien ringt sich der Bundesrat zum Obligatorium durch. Doch noch.