Es gab bisher erst einen einzigen Bundesrat, den das Volk zum Bleiben aufforderte: Als 1972 Bundespräsident Nello Celio für das Ende des Jahres seinen Rücktritt als Bundesrat ankündigte, lancierte der damalige Präsident der Berner FDP und spätere Ständerat Arthur Hänsenberger spontan die Petition «Celio muss bleiben!».
«Innert kurzer Zeit stapelten sich im Bundeshaus an die 22'000 Postkarten», fasste die «NZZ»-Bundeshauslegende Urs Marty einmal zusammen. Damit habe das «Volk» gesprochen, und Celio habe ein Jahr länger amten müssen. Dies sei dem leutseligen Tessiner aber nicht sonderlich schwergefallen, denn nach seinem endgültigen Rücktritt habe er gesagt: «Ich habe jede Minute im Bundesrat genossen.»
Vertreter der Sonnenstube in Bern
Liest man Porträts über den Tessiner Nello Celio, der seinen Kanton von 1967 bis 1973 im Bundesrat vertrat, so war er so etwas wie der Sonnenschein aus der Sonnenstube im Bundeshaus in Bern. Charismatisch, geschmeidig, dreisprachig und als Politiker trotzdem sehr weitsichtig. Der leutselige Celio war nämlich auch Warner und Mahner. Rechtzeitig erkannte er etwa die sich rapid verschlechternde Lage der Bundesfinanzen, als ihm dies noch niemand glauben wollte.
Celio war kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 in Quinto in der Leventina zur Welt gekommen. Er studierte Rechtswissenschaften in Basel und Bern, wo er 1937 seinen Doktortitel erwarb. Er eröffnete laut Historischem Lexikon der Schweiz in Faido eine Notariatspraxis. 1941 wurde Celio Direktionssekretär des kantonalen Departementes des Innern, 1944 Staatsanwalt für den Sopraceneri, den nördlichen Kantonsteil des Tessins. 1946 schaffte er den Sprung in die Kantonsregierung und übernahm die Leitung des Bau- und des Militärdepartementes. Er blieb bis 1959.
Danach trat er das Präsidium der FDP Schweiz an – und das ohne ein Mandat auf Bundesebene. Heute wäre das kaum mehr denkbar. 1963 schaffte der Tessiner den Sprung in den Nationalrat. Ein Jahr später gab er das FDP-Parteipräsidium wieder ab.
1966 wählte ihn dann die Bundesversammlung als Nachfolger des Waadtländers Paul Chaudet in den Bundesrat. Dieser musste in der Folge der missratenen Beschaffung der Kampfjets vom Typ Mirage zurücktreten. Celio musste auch die Nachfolge im Militärdepartement antreten. Ein Departement, das Celio nicht nur behagte.
Celio als «Landesvater»
So schränkte «NZZ»-Doyen Marti im erwähnten Porträt die Aussage Celios, er hätte jede Minute im Bundesrat genossen, auch wieder ein: «So war es allerdings auch nicht ganz, denn dem Chef des Militärdepartements hatte der Umgang mit der Generalität nicht besonders behagt. Sein weiteres Verbleiben in der Landesregierung hatte er 1968 denn auch vom Wechsel in das Finanzdepartement abhängig gemacht.»
Im damaligen Kollegium war Nello Celio zweifellos der Populärste. Er hatte Charme und Charisma. Für die «NZZ» war er ein Landesvater. Er habe die Sorgen und Nöte des Volkes verstanden. «Er vermochte sich in allen Landessprachen mit Leichtigkeit auszudrücken, auch in drei Sprachen Witze zu erzählen», hiess es im «NZZ»-Porträt.
Regelmässig habe er zwar nach dem für Bundesräte ungeschriebenen Gesetz um 23 Uhr eine Tafel mit der Feststellung «C'est l'heure fédérale» aufgehoben und das Lokal verlassen – um es gleich durch eine Hintertür mit den Worten wieder zu betreten: «Ich bin nicht mehr da, ich bin nicht mehr da!» Und dann stimmte er bis spät in die Nacht hinein einen Tessiner Gassenhauer nach dem andern an.
Die Bilder, die die Schweiz von der Schulreise des Bundesrats in Celios Heimat zu Gesicht bekam – in seinem Amtsjahr als Bundespräsident –, waren damals ebenfalls eine Sensation: Der beliebte Tessiner und seine Kollegen, erstmals in einem Tenue, das weit vom sonstigen Dresscode für Regierungsmitglieder weg war.
Nachvollziehbar, dass 22'000 Schweizerinnen und Schweizer den Tessiner zum Verbleib in der Landesregierung aufforderten.
Bundesrat Alain Berset (45) tritt resolut auf die Bremse: Mit einer Kürzung der Abgeltungen für die Ärzte will er bei den ständig steigenden Gesundheitskosten jährlich 700 Millionen Franken einsparen. Betroffen von strafferen Tarifen sind die ambulanten Behandlungen. Die Ärzteschaft warnt: Bersets Eingriff wirke sich besonders negativ auf die Behandlungsqualität in der Notfall-, Alters- und Kindermedizin sowie der Psychiatrie aus.
Ärztinnen und Ärzte verrechnen alle Leistungen in der Praxis und im ambulanten Spitalbereich nach dem Tarmed-Tarif. Tarmed ist ein kompliziertes Vertragswerk mit 4000 Taxpunkten zwischen der Ärztegesellschaft FMH und den Krankenversicherern. Weil sich die Partner nicht auf eine längst fällige Aktualisierung einigen konnten, greift jetzt Berset persönlich ein. Bis am 21. Juni schickt er seine Änderungen in die Vernehmlassung. Umstritten sind Abstriche bei den Zeitlimitationen: Ärzte sollen bei den Patientenkontakten weniger Zeit aufschreiben können. Beispiel: Beim Dermatologen wird der Arztbesuch auf 20 Minuten beschränkt. Aufwendige Kindermedizin werde durch die Tarmed-Kürzung ungenügend abgegolten, warnen die Ärzte. Kranke Kinder brauchen mehr Aufmerksamkeit und Zeit – sie haben beim Arzt Ängste, sind störrisch, wollen zuerst getröstet werden. Ins Gespräch müssen auch die Eltern einbezogen werden.
Hingegen können mit Tarmed technische Kosten dank Digitalisierung und Fortschritt tatsächlich eingespart werden. Beispiel: die Operation des grauen Stars. Dank neuer Technologie soll der Tarif von 376 Franken auf 128 Franken gesenkt werden. Magen-Darm-Ärzte verdienen pro Jahr im Schnitt 393'000 Franken, Kinderärzte 187'000 Franken.
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