Der Ökopartei fehlt das Personal an der Spitze
Die Grünen trocknen aus

Die Führung der Ökopartei ist extrem dünn besetzt. Durch den möglichen Rücktritt einer ihrer Regierungsräte könnte das Dilemma schmerzhaft deutlich werden.
Publiziert: 05.03.2017 um 19:37 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:51 Uhr
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Regula Rytz sagt: «Ich habe keinen Veränderungswunsch.» Doch falls der Berner Regierungsrat Bernhard Pulver abtritt, wäre sie wohl die einzige valable Kandidatin der Grünen für seine Nachfolge.
Foto: KEY
Marcel Odermatt

Die Berner Politprominenz zieht es in die Exekutive. SP-Nationalrätin Evi Allemann (38) will in einem Jahr die zurücktretende Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer (60) ersetzen, FDP-Parlamentarier Christian Wasserfallen (35) den Regierungsrat Hans-Jürg Käser (67).

Nicht wenige Beobachter aber erwarten bereits einen weiteren Abgang: den von Bernhard Pulver (51). Seit 2006 sitzt der Grüne im Leitungsgremium des zweitgrössten Schweizer Kantons. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nach seinem Jahr als Regierungsratspräsident Schluss macht, steht laut Insidern im Moment bei fifty-fifty. Spätestens im Sommer will der Erziehungsdirektor bekannt geben, ob er weitermacht – oder nicht.

Das grosse Dilemma der Grünen

Geht die Ära Pulver tatsächlich zu Ende, würde ein grosses Dilemma seiner Partei sichtbar: Die Grünen haben ein Personalproblem – in Bern wie in der ganzen Schweiz, bei der Besetzung von Spitzenpositionen herrscht akuter Personalmangel. Lediglich Parteipräsidentin Regula Rytz (55) hätte ausreichend gute Wahlaussichten als Pulvers Nachfolgerin – ausser ihr sind keine valablen Kandidaten in Sicht.

Doch Rytz hält sich gegenüber SonntagsBlick bedeckt: «Meine Arbeit als Parteipräsidentin und die nationale Politik gefallen mir sehr. Ich habe keinen Veränderungswunsch. Im Falle eines Falles prüfe ich aber immer alle Optionen.»

Geht Rytz, müsste Glättli oder Girod ran

Eine Kandidatur von Rytz würde jedoch gleich das nächste Loch aufreissen: in der Leitung der Grünen. Denn in der Bundeshausfraktion ist die Personaldecke ähnlich dünn wie in Bern. Nach den Wahlen 2007 zählte die Partei noch 20 Nationalräte und zwei Ständeräte, seit dem Fiasko vor zweieinhalb Jahren sind heute noch elf Parteimitglieder in der grossen Kammer, eines ist im Ständerat.

Bastien Girod wäre ein möglicher Nachfolger als Grünen-Chef.
Foto: KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Abgesehen von unerfahrenen Kräften wie Jonas Fricker (39, AG), Christine Häsler (54, BE) und Lisa Mazzone (29, GE) oder auch der Ewig-Nationalrätin Maya Graf (55, BL) hätten genau zwei Grüne das Format für den Job von Rytz: die Zürcher Balthasar Glättli (45) und Bastien Girod (36) wären aus dem Stand in der Lage, die Partei zu leiten. Geht Rytz, wäre einer von ihnen praktisch gezwungen, Parteipräsident zu werden.

Zweite Chance für Aline Trede?

Die Grünen, eine Partei ohne personelle Alternativen? Wie immer in solchen Situationen sind auch mögliche Profiteure nicht weit. Muss Rytz in Bern den Pulver-Sitz sichern, bekäme Aline Trede (33) eine zweite Chance. Bereits 2013 rutschte sie für Franziska Teuscher (58) in den Nationalrat nach, 2015 verpasste sie aber die Wahl. Beerbt sie Rytz, sässe sie bereits nächstes Jahr wieder in der Grossen Kammer – und hätte bis 2019 Zeit, die Bestätigung der Wähler zu suchen.

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