In Kolumbien haben die Regierung und die FARC-Rebellen einen der ältesten Konflikte Lateinamerikas für beendet erklärt: Die Regierung und die linksgerichteten Rebellen besiegelten nach vierjährigen Verhandlungen ein Friedensabkommen zur Beendigung des Bürgerkriegs, in dem seit den 60er Jahren mehr als 260'000 Menschen getötet wurden.
Die Unterhändler unterzeichneten am Mittwoch (Ortszeit) in Havanna den Friedensvertrag, der am 2. Oktober der Bevölkerung zur Zustimmung vorgelegt werden soll. In den jüngsten Umfragen lagen Befürworter und Gegner des Friedensabkommens mit jeweils rund 31 Prozent gleichauf.
Das Abkommen war unter kubanischer und norwegischer Vermittlung zustande gekommen. In der kolumbianischen Hauptstadt Bogota löste der Friedensschluss spontane Feiern in Bars und Parks aus.
Inhalt des Abkommens
Das Abkommen sieht vor, dass die FARC ihre Waffen niederlegt und sich in eine politische Partei umwandelt, die zunächst bis 2018 ohne Stimmrecht im kolumbianischen Kongress vertreten sein wird und bei Wahlen antreten darf.
Die Einigung markiere «das Ende des Leidens, des Schmerzes und der Tragödie des Kriegs«, sagte Präsident Juan Manuel Santos. Der Frieden werde dem südamerikanischen Land mehr Bildung, Tourismus, Arbeitsplätze und Wohlstand bringen. In einer gemeinsamen Erklärung hiess es, die erzielte Einigung besiegle «das Ende des Konflikts und den Aufbau eines stabilen und dauerhaften Friedens in Kolumbien».
Der kubanische Vermittler Rodolfo Benitez sagte: «Es soll in Kolumbien kein einziges Opfer mehr geben.» Der Delegationschef der FARC, Iván Márquez, sagte: «Wir haben die schönste aller Schlachten gewonnen: den Frieden in Kolumbien.«
Präsident Santos erklärte nach der Einigung auf den Friedensvertrag einen endgültigen Waffenstillstand. «Als Staatschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte habe ich einen definitiven Waffenstillstand ab kommendem Montag angeordnet», sagte Santos am Donnerstag. «Damit endet der bewaffnete Konflikt mit der FARC.«
Internationale Stimmen: Obama gratuliert
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüsste die Einigung. «Jetzt wo die Verhandlungen abgeschlossen sind, braucht es genauso entschlossene und beispielhafte Anstrengungen, um den Vertrag umzusetzen», sagte Ban in New York.
US-Präsident Barack Obama gratulierte den Konfliktparteien zu dem Friedensschluss. Er versicherte, die USA wollten Kolumbien «in dem langen Prozess zur vollen Umsetzung eines gerechten und dauerhaften Friedens» unterstützen.
Die USA betrachten das Land als entscheidenden Verbündeten im Kampf gegen die Drogenkriminalität. Washington stellte im Rahmen des «Plan Colombia«-Programms bereits mehr als zehn Milliarden Dollar bereit.
»Es handelt sich um einen entscheidenden Fortschritt für einen dauerhaften Frieden in Kolumbien", erklärte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Die Schweiz gratuliere der kolumbianischen Regierung und der FARC dazu.
Beteiligung der Schweiz
Die Schweiz hat sich nach EDA-Angaben vom Juni seit 2011 an der Erarbeitung des Friedensabkommens beteiligt. Von 2012 bis 2012 unterstützte sie die Vorbereitung der Verhandlungen zum Thema Waffenstillstand. Auch die NGO des Schweizer Friedensförderungsprogramms «Semillas de Esperanza» begrüssten das Abkommen. Dem Programm gehören unter anderem Caritas Schweiz, HEKS, Fastenopfer und Swissaid an.
Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) wurden 1964 im Kampf gegen Grossgrundbesitzer und zur Verteidigung armer Bauern gegründet, die auch Opfer von staatlicher Gewalt wurden. In dem mehr als 50 Jahre währenden bewaffneten Konflikt zwischen linken Rebellen, rechten Paramilitärs, Drogenmafia und Armee wurden in dem südamerikanischen Land mehr als 260'000 Menschen getötet, 6,9 Millionen weitere wurden vertrieben.
Santos' Gegner, allen voran der frühere Präsident Álvaro Uribe, machen bereits gegen das Abkommen mit der FARC mobil. Es gewähre der FARC-Guerilla zu viele Zugeständnisse, kritisieren sie.
Einzelvereinbarungen des Vertrags
Der Friedensvertrag schreibt sechs Einzelvereinbarungen fest, dabei geht es um Gerechtigkeit für die Opfer, Landreform, politische Teilhabe für Ex-Rebellen, den Kampf gegen den Drogenhandel, Entwaffnung und die Überwachung der Umsetzung des Abkommens.
Ausserdem vereinbarten beide Seiten ein eigenes Justizwesen zur Aufarbeitung der Verbrechen des Konflikts. Für politische Straftaten wird eine weitreichende Amnestie gewährt. Wer seine Beteiligung an schweren Verbrechen einräumt, muss mit einer Freiheitsstrafe von höchstens acht Jahren rechnen.
Zweitgrösste Guerillaorganisation Kolumbiens ist die Nationale Befreiungsarmee (ELN). Auch sie stimmte Friedensverhandlungen mit der Regierung in Bogotá zu; allerdings kommen diese bisher nicht voran. (SDA)