Lange Zeit war er die Personifizierung der guten Dienste: Kein Ort, an dem Didier Burkhalter der Eidgenossenschaft nicht ein freundliches Gesicht verlieh, keine Friedensverhandlung, an der der Aussenminister nicht die Vermittlung anbot. Höhepunkt war das Jahr als Präsident der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) während der Ukraine-Krise.
Der Homeoffice-Minister
Tempi passati. In den letzten Monaten hat sich der 2009 in den Bundesrat gewählte Burkhalter immer stärker zurückgezogen. Weder in den Medien noch auf Podien oder in seinem Büro im Berner Bundeshaus West war er gross präsent.
Stattdessen empfing er Gesprächspartner in seiner Heimat Neuenburg und legte immer wieder einen Homeoffice-Tag ein, wie BLICK im Januar berichtete. «Er hat zuletzt einen abgelöschten Eindruck gemacht», sagt ein namhaftes Mitglied der FDP-Fraktion. Das Amt als Bundesrat sei aber auch einen Stressjob.
Ähnlich begründet Burkhalter selbst seinen Abschied: Er habe nach 30 Jahren in der Politik, davon acht Jahre im Bundesrat, das Bedürfnis, eine neue Seite in seinem Leben aufzuschlagen. Den Entscheid habe er am letzten Sonntag gefällt: «Ich habe einfach Lust, etwas anderes zu machen», so der 57-Jährige. Immer im Licht der Öffentlichkeit zu stehen, sei ihm zunehmend schwergefallen. Bundesrat zu sein, sei wie eine zweite Haut. «Es ist immer, immer da», sagte er. Eine Zeit lang könne man das akzeptieren. Aber nun wolle er ein bisschen mehr Privatsphäre.
Zunehmend isoliert
Doch das dürfte nur die halbe Wahrheit sein. Fakt ist, dass sich Burkhalter im Bundesrat, in seiner Partei, aber auch im Verhältnis zur Bevölkerung zunehmend isoliert hat. Hauptgrund dafür ist die Europapolitik. Beispiel Ostmilliarde: Dass Burkhalter die 1,3 Milliarden Franken an die 13 neuen EU-Länder ohne Bedingungen überweisen wollte, um Brüssel den guten Willen der Schweiz zu zeigen, führte im Bundesrat zu Streit.
Noch grösser ist die Dissonanz beim Rahmenabkommen mit der EU. Da mag Burkhalter noch so oft darauf verweisen, dass der Gesamtbundesrat die Europapolitik festlege: Er hat das Abkommen zu seinem Kind gemacht, seit Jahren offensiv dafür geworben. Und trotz aller Anstrengungen keine Mehrheit dafür gefunden. Selbst Parteikollege Johann Schneider-Ammann steht dem Vertrag offen ablehnend gegenüber – und weiss damit nicht nur FDP, SVP und CVP auf seiner Seite, sondern auch die Bevölkerung.
«Zeichen von Eleganz»
Wenn sich die Landesregierung am Freitag zur Europaklausur trifft, weiss Burkhalter also, dass seine Vorstellungen keine Chance haben. Sein Rücktritt sei daher ein «grosses Zeichen der Eleganz», findet FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis. So stehe die Landesregierung nicht vor dem Dilemma, entweder Burkhalters Marschrichtung à contre cœur mitzutragen oder aber den für das Dossier verantwortlichen Kollegen zu desavouieren.
Das dürfte Burkhalter ähnlich sehen: Das Europadossier werde sich kaum in die Richtung entwickeln, die er sich wünsche, sagte er bei seiner Rücktrittspressekonferenz. Ein Wechsel im Bundesrat werde ganz neue Dynamik bringen: «Das Spiel ist offen.» Er selbst wird nicht mehr mitspielen.
Wer länger als eine Legislatur im Bundesrat sitzt oder das Rentenalter erreicht, muss sich regelmässig Fragen zu einem allfälligen Rücktritt gefallen lassen. Antworten tun die meisten Regierungsmitglieder darauf mit einem freundlichen Pokerface.
Auch im Bundesrat selbst lässt sich niemand in die Karten blicken und spricht mit den Kollegen nur selten über Rücktrittsgedanken. Das gilt selbst für Parteikollegen untereinander. Wenn dann mehrere Mitglieder des Gremiums Rücktrittsgedanken hegen, spielen sie Mikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.
Didier Burkhalter (57) hat darum auch die Regierung überrascht. Vor seinem Rücktritt galten Doris Leuthard (die Amtsälteste, CVP, 54), Ueli Maurer (der Älteste, SVP, 66) und Johann Schneider-Ammann (ein wenig amtsmüde, FDP, 65) als mögliche Abgänger. Burkhalter ist immerhin viel jünger als Schneider-Ammann und kam nur ein knappes Jahr später in den Bundesrat als Maurer.
Mit Burkhalters Abgang und dem Hinweis im Rücktrittsschreiben, dass sich ein Gremium wie der Bundesrat erneuern müsse, stehen Maurer wie Schneider-Ammann jetzt als Sesselkleber da. Schneider-Ammanns Departement stellte aber sogleich klar, dass der Berner die Legislatur bis 2019 beenden wolle.
Ein wenig angegriffen fühlen könnte sich auch Doris Leuthard, die zwei Jahre länger im Bundesrat sitzt als Burkhalter.
Noch dümmer ist die Lage für diejenigen, die wirklich zurücktreten wollten. Nach der Ankündigung von Burkhalter sieht jeder Entscheid nicht mehr ganz so freiwillig aus.
Wer länger als eine Legislatur im Bundesrat sitzt oder das Rentenalter erreicht, muss sich regelmässig Fragen zu einem allfälligen Rücktritt gefallen lassen. Antworten tun die meisten Regierungsmitglieder darauf mit einem freundlichen Pokerface.
Auch im Bundesrat selbst lässt sich niemand in die Karten blicken und spricht mit den Kollegen nur selten über Rücktrittsgedanken. Das gilt selbst für Parteikollegen untereinander. Wenn dann mehrere Mitglieder des Gremiums Rücktrittsgedanken hegen, spielen sie Mikado: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren.
Didier Burkhalter (57) hat darum auch die Regierung überrascht. Vor seinem Rücktritt galten Doris Leuthard (die Amtsälteste, CVP, 54), Ueli Maurer (der Älteste, SVP, 66) und Johann Schneider-Ammann (ein wenig amtsmüde, FDP, 65) als mögliche Abgänger. Burkhalter ist immerhin viel jünger als Schneider-Ammann und kam nur ein knappes Jahr später in den Bundesrat als Maurer.
Mit Burkhalters Abgang und dem Hinweis im Rücktrittsschreiben, dass sich ein Gremium wie der Bundesrat erneuern müsse, stehen Maurer wie Schneider-Ammann jetzt als Sesselkleber da. Schneider-Ammanns Departement stellte aber sogleich klar, dass der Berner die Legislatur bis 2019 beenden wolle.
Ein wenig angegriffen fühlen könnte sich auch Doris Leuthard, die zwei Jahre länger im Bundesrat sitzt als Burkhalter.
Noch dümmer ist die Lage für diejenigen, die wirklich zurücktreten wollten. Nach der Ankündigung von Burkhalter sieht jeder Entscheid nicht mehr ganz so freiwillig aus.