Der Bundesrat steht mit seiner Begeisterung allein da
Polit-Hickhack statt Olympia-Euphorie

SVP-Politiker liegen sich in den Haaren, die SP wetzt die Messer gegen das Milliarden-Projekt. Droht jetzt das Aus für die Olympiastadt «Sion 2026»?
Publiziert: 22.10.2017 um 13:32 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 01:00 Uhr
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Nach dem Flop von Sion 2006: Klappt es jetzt, 20 Jahre später, mit dem Walliser Hauptort als Gastgeber?
Foto: Keystone
Marcel Odermatt

Ein rekordverdächtiger Fehlstart: Während SVP-Sportminister Guy Parmelin (57) noch am Mittwoch ankündigte, der Bundesrat unterstütze das Olympia-Projekt Sion 2026 mit einer Milliarde Franken, ging seine Partei bereits auf Konfronta-tionskurs mit ihrem Bundesrat. «Die Landesverteidigung geht vor», schrieb die Rechtspartei von Präsident Albert Rösti (50) in einem Communiqué.

Statt Millionen für Olympia forderte die SVP mehr Mittel für die Armee. Hinter dem Angriff steckt letztlich Christoph Blocher (77). Der Partei-Übervater ist wie Ex-Parteichef Toni Brunner (43) gegenüber Olympischen Spielen äusserst kritisch eingestellt.

Mit ihrem Statement brüskierte die Parteizentrale aber nicht nur Parmelin, sondern auch SVP-Nationalratspräsident Jürg Stahl (49). Als Präsident von Swiss Olympic ist der oberste Schweizer eine treibende Kraft hinter den helvetischen Olympia-Ambitionen.

Verwirrung in der SVP

In der SVP ist deshalb Feuer im Dach. «Ich werde das in der nächsten Fraktionssitzung thematisieren», sagt der Walliser SVP-Nationalrat und Olympia-Befürworter Franz Ruppen (46). Fakten müssten auf den Tisch. «Landesverteidigung und Sion 2026 stehen nicht in Konkurrenz», so der Oberwalliser. Bei einem Bundesbudget von bald 70 Milliarden im Jahr sei eine Olympia-Milliarde über einen Zeitraum von fast zehn Jahren verkraftbar.

Auch im linken Lager herrscht Verwirrung. Der Berner SP-Nationalrat und frühere SRF-Moderator Matthias Aebischer (50) versucht auf Teufel komm raus das olympische Feuer zu entfachen und verschickte an alle Parlamentarier den Entwurf von Sion 2026 – mit dem Hinweis, er persönlich finde, «dass dieses Konzept es verdient hat, vertieft geprüft zu werden».

SP voll auf Konfrontation

Dabei ist jetzt schon klar: Die SP wird – wie beim letzten Versuch in Graubünden – das Ansinnen bekämpfen. Die Bündner SP-Nationalrätin Silva Semadeni (65), Aushängeschild der siegreichen Gegner von Graubünden 2022: «Meine Motion, die verlangt, dass das Volk über den Milliarden-Kredit abstimmen kann, liegt bereits vor. Ich muss sie nur noch einreichen.»

Es gehe nicht an, dass ein Entscheid mit den immer gleichen Argumenten an der Stimmbevölkerung vorbeigeschmuggelt werde. Die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt seien nicht tragbar. «Dem wirtschaftlichen Nutzen für wenige stehen hohe Schulden und gravierende Umweltbelastungen für die Allgemeinheit gegenüber», so die Sozialdemokratin.

Klar ist: Noch ist der Bundesrat mit seiner Begeisterung für den Mega-Event ziemlich isoliert. Wie es heisst, äusserte sich in der Landesregierung nur SP-Justiziministerin Simonetta Sommaruga (57) kritisch zum Ansinnen des umstrittenen Internationalen Olympischen Komitees. Der Rest des Gremiums habe die Vorlage unkritisch abgenickt.

Nun sind die Walliser an der Reihe: Am 10. Juni 2018 stimmt der Kanton über die Vorlage ab. Der Ausgang ist völlig offen. Gibt es ein Ja, wäre das Parlament an der Reihe. Kommt es zum Schulterschluss der olympiakritischen National- und Ständeräte aller Parteien, würde aus dem Fehlstart im Rekordtempo ein Aus.

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