Nach der Wahl ist vor der Wahl – die Kür eines Nachfolgers für Didier Burkhalter (57) am Mittwoch ist nur der Auftakt zu einer Kaskade von weiteren Wechseln in der Landesregierung. Bis Ende 2019 dürften auch Doris Leuthard (54, CVP), Johann Schneider-Ammann (65, FDP) und Ueli Maurer (66, SVP) abtreten.
Die Ausgangslage ist dabei jeweils so unterschiedlich wie die drei Magistraten selbst.
Umweltministerin Doris Leuthard: Obwohl bereits seit 2006 im Amt, ist die Aargauerin erst jetzt in ihrem politischen Zenit angelangt.
Als die Energiewende unter Dach und Fach war, kündigte sie im Juli an, spätestens zum Ende der Legislatur abzutreten. Wann genau das der Fall sein wird, entscheidet die Christdemokratin jedoch ganz allein. Nach elf Jahren schuldet sie niemandem mehr etwas – am allerwenigsten ihrer eigenen Partei.
Favorit aus heutiger Sicht ist der Zuger Gerhard Pfister
Mögliche Nachfolger gibt es viele: die Ständeräte Konrad Graber (59, LU), Pirmin Bischof (58, SO), Stefan Engler (57, GR), Brigitte Häberli-Koller (59, TG), nicht zuletzt CVP-Parteisteuermann Gerhard Pfister (54, ZG). Siegt am Mittwoch Ignazio Cassis (56), muss der Tessiner unter ihnen seine Ambitionen begraben: Ständerat Filippo Lombardi (61). Zwei Vertreter aus der Sonnenstube im Bundesrat wären dann doch etwas zu viele.
Favorit aus heutiger Sicht ist der Zuger Gerhard Pfister. Die Innerschweiz wartet seit vielen Jahren auf einen Vertreter in der Landesregierung. Mit seinem Kampf für die Rentenreform hat sich der Rechtskonservative bei Mitte-links viele Sympathien erworben. Das könnte sich für ihn eines Tages auszahlen. Auch dass die Parteichefs gerade in der CVP traditionell gute Aussichten haben, in den Bundesrat zu kommen, spricht für Pfister als Leuthards Nachfolger.
Wirtschafts-Bundesrat Johann Schneider-Ammann: Bei ihm ist die Situation ein wenig anders als bei seiner Kollegin aus der CVP – auch gesundheitliche Faktoren spielen eine Rolle. Will er sich den aufreibenden Job noch zwei weitere Jahre zumuten? Aus seinem Umfeld ist zu hören, dass der Berner zumindest anstrebt, bis zum offiziellen Ende seiner Amtszeit durchzuhalten.
Auch für JSA, wie er auch genannt wird, stehen mehrere mögliche Nachfolger bereit. Die Stöckli-Vertreter und Senkrechtstarter Andrea Caroni (37, AR), Damian Müller (32, LU) und Nationalrat Thierry Burkart (42, AG) stünden für einen Generationenwechsel. Auch Parteichefin Petra Gössi (41, SZ) könnte im Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung richtig durchstarten.
Nach heutigem Stand hätten trotz des Angebots an jüngeren Kräften zwei erfahrene Politiker die Nase vorn: die Ständeräte Martin Schmid (48, GR) und Karin Keller-Sutter (53, SG). Beide geniessen im Parlament hohes Ansehen, insbesondere der ehemaligen St. Galler Regierungsrätin würde jeder im Bundeshaus den Schritt ins oberste Führungsgremium des Landes zutrauen.
Am längsten gedulden müssen sich wohl die Bundesrats-Aspiranten der SVP
Finanzminister Ueli Maurer: Am längsten gedulden müssen sich vermutlich die Bundesrats-Aspiranten der SVP. Ueli Maurer, so heisst es bei der Rechtspartei, wird bis zum Ende der Legislatur im Amt bleiben. Manche in der SVP glauben sogar fest, der Finanzminister könnte sich 2019 nochmals in den Bundesrat wählen lassen.
An Maurers Stelle würde der populäre Bahnunternehmer Peter Spuhler (58, TG) sofort gewählt. Fraglich ist, ob er das Amt anstrebt – und ob er von der SVP-Fraktion nominiert würde. Denn der Thurgauer Ex-Nationalrat hat ein Handicap: Dieses Jahr lanciert seine Partei eine Volksinitiative, durch die die Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union aufgekündigt werden soll – was Spuhler kaum unterstützen dürfte. Dass jemand aufs SVP-Ticket käme, der das Volksbegehren bekämpft, ist kaum vorstellbar.
Parteipräsident Albert Rösti (50, BE) sowie die Nationalräte Gregor Rutz (44, ZH) und Natalie Rickli (40, ZH) hätten es da bei weitem leichter. Der Winterthurerin wird ein Sprung in den Bundesrat zugetraut. Kürzlich kündigte sie an, das Medienunternehmen Goldbach nach jahrelanger Mitarbeit zu verlassen. Diese neue Unabhängigkeit wird Ricklis Chancen sicher nicht verringern. Und für die SVP wäre es ein Coup, mit einer Frau in der Landesregierung vertreten zu sein.
Klar ist: Ein Bundesrat für die Zwanzigerjahre stünde mit Pfister, Keller-Sutter und Rickli politisch deutlich weiter rechts als der heutige. Mitte-links dürfte alles daransetzen, dieses Horrorszenario zu verhindern.