Am 20. September wird gewählt: Dann bestimmt die Vereinigte Bundesversammlung den Nachfolger von Didier Burkhalter (57, FDP). Topfavorit ist im Augenblick der Tessiner Nationalrat und FDP-Fraktionsschef Ignazio Cassis (56).
Wirklich heiss wird es aber erst nach dieser Wahl! Dann legen die Magistraten untereinander fest, wer welches Departement bekommt. Nach vielen Gesprächen unter der Bundeshauskuppel kristallisieren sich drei mögliche Szenarien heraus:
Drei Szenarien
1. Einer der beiden Sozialdemokraten im Bundesrat zügelt ins Departement des Äussern (EDA): Gut vorstellbar, dass Alain Berset (45) oder Simonetta Sommaruga (57) zum Wechsel bereit wären. Ihr Handicap: Die SP wird solche Ambitionen eher bremsen. Denn nur die Genossen wollen derzeit im Verhältnis mit der EU vorankommen.
Dem stehen jedoch die Mehrheitsverhältnisse im Parlament entgegen: Ein sozialdemokratischer EDA-Chef würde stets aufs Neue auflaufen. «Ich weiss nicht, was wir in diesem Departement sollen», sagt ein SP-Stratege. Wenn schon, sollte Sommaruga und nicht Berset das EDA führen. Der Romand könne nicht den europäischen Winkelried spielen. In der Westschweiz sei die Bevölkerung offen für die EU, Kritik komme vor allem aus den Deutschschweizer Kantonen. Deshalb müsse jetzt ein Deutschschweizer Aufklärung in diesem Landesteil betreiben und den Knoten lösen.2. Guy Parmelin (57) möchte ein anderes Departement. Ein SVP-Politiker als Aussenminister? Auch dieses Szenario machte diese Woche in der Wandelhalle die Runde. Vom SonntagsBlick darauf angesprochen, gab der Waadtländer nur zurück: «Dazu gebe ich Ihnen keine Auskunft!» Der VBS-Chef will sich offenbar alle Optionen offen lassen. Der ehemalige Korporal ist kein Militärkopf. Aber auch das EDA ist für ihn wohl kaum erste Wahl. Als Nationalrat sass er in der Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit; dort beackerte er Dossiers aus Alain Bersets Departement des Innern (EDI). Freunde liess er vor seiner Wahl wissen, dieser Teil der Verwaltung interessiere ihn am meisten.
SVP-Nationalrat Jean-François Rime (66, FR): «Guy Parmelin hat Freude im VBS und dort auch genug zu tun. Aber wenn er einen Wechsel anstreben könnte, dann ins EDI. Als Gesundheitspolitiker hat er sich im Parlament die nötigen Dossierkenntnisse angeeignet.»
Falls Berset oder Sommaruga Interesse an einem Jobwechsel entwickeln, könnten sich für Parmelin interessante Optionen auftun. Allerdings hätte die SVP am Wechsel ihres Mannes ins EDI eher wenig Freude. Interessanter wäre, wenn sich Sommaruga neu orientieren würde. Dann hätte die Rechtspartei plötzlich Gelegenheit, den Justiz- und Polizeiminister zu stellen. Kein unattraktives Szenario für die selbst ernannte Law-and-Order-Partei.
3. Doris Leuthard (54) wird Aussenministerin – ein Wunsch, den Europafreunde diese Woche äusserten. Dem CVP-Star trauen viele nach dem Ja zum Atomausstieg zu, dem Volk auch das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union schmackhaft zu machen. Ob Leuthard nach elf Jahren in der Regierung wirklich nochmals durchstarten möchte? Ihr Departement dementiert, aber völlig undenkbar ist es nicht.
Bleiben zum Schluss noch Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (65, FDP) und Finanzchef Ueli Maurer (66, SVP). Sie stehen im Herbst ihrer Bundesratskarriere. Daher ist für die beiden ein Departementswechsel ausgeschlossen. Aber dass sie bis zum Ende der Legislatur 2019 weitermachen, scheint plausibel.
Sicher ist: Bis zu den Wahlen wird noch viel Wasser die Aare hinunterfliessen. Wer weiss, vielleicht stellt die FDP ab Oktober nicht den neuen Aussenminister, sondern der Neugewählte übernimmt das VBS. Der letzte Freisinnige in diesem Amt machte seine Arbeit gut. Es war Kaspar Villiger (76). 1993 überzeugte der Luzerner das Stimmvolk vom Kauf neuer F/A-18-Kampfjets. Als Major der Schweizer Armee brächte auch der aktuelle FDP-Favorit Ignazio Cassis beste Voraussetzungen mit.