Den Bock zum Gärtner gemacht
Ermittler im Postauto-Skandal war befangen

Dass über zwei Jahrzehnte lang der Bschiss bei Postauto unbemerkt ablaufen konnte, ist der eine Skandal. Doch seine mangelhafte Aufarbeitung ist ebenso störend.
Publiziert: 17.08.2018 um 01:15 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:55 Uhr
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Immer noch nicht auf Kurs: Die Postauto-Tochter.
Foto: Ganuel Geisser
Pascal Tischhauser

Die Bewältigung des Postauto-Bschisses ist eine Aneinanderreihung von Pleiten, Pech und Pannen. Seit der Subventionsbetrug publik wurde, bietet der Postkonzern Anschauungsunterricht, was in Sachen Krisenkommunikation und Aufarbeitung alles schiefgehen kann. Wer wissen will, wie man es nicht macht, 

  • spiele das Ausmass des Skandals herunter,
  • weise die Schuld weit von sich,
  • handle immer erst, wenn der öffentliche Druck zu gross wird,
  • ziehe möglichst keine personellen Konsequenzen
  • und blende die Vergangenheit der «unabhängigen» Experten aus.

Letzteres passierte beim Ex-Chef der Eidgenössischen Finanzkontrolle, Kurt Grüter. Eine einfache Google-Recherche zeigte: Der Mann, der die Unabhängigkeit der Postauto-Untersuchung garantieren sollte, war bei der Post-Vorläuferin PTT tätig gewesen. Das reichte, dass Grüter gehen musste.

Doch die Pannenserie reisst nicht ab: Um bei den gelben Cars das Steuer herumzureissen, hat der Konzern eine Taskforce zur Postauto-Neuausrichtung eingesetzt. Mit an Bord: Reto Baumgartner – ein Aussteiger der nicht alltäglichen Art. Im Juni 2016 stieg er beim Verkehrsunternehmen BLS als Finanzchef aus und machte sich als Uhrmacher selbständig.

Baumgartner kannte sich bei Postauto aus

Baumgartner arbeitete ab Februar für die Taskforce. Schiesslich war er vom 1. Juni 1998 bis 31. Mai 2000 Leiter Finanzen und Informatik bei Postauto.

Am  11. Juni 2018 präsentierte Post-Präsident Urs Schwaller (65) den Untersuchungsbericht von Kellerhals Carrard zum Bschiss. Dieser zeigte, dass die Betrügereien bis in die 90er-Jahre zurückreichten – als Baumgartner bei Postauto mit am Steuer sass.

Dann ging es schnell: «Meine Auftraggeber der Post haben mir im Juni 2018 mitgeteilt, dass sie das Auftragsverhältnis im Juni beenden», sagt Baumgartner. Weitere Angaben kann er nicht machen. Die vertraglichen Vorgaben der Post verbieten dies.

Er kann nicht einmal sagen, der gelbe Riese habe keine Verdachtsmomente gegen ihn gehabt, sondern, dass es um eine Risikoabwägung ging: Es wurde schon zu Baumgartners Zeiten geschummelt, also könnte er mitgemacht haben. Darum, tschüss!

«Gegenseitiges Einvernehmen»

Bei der Post klingt es so: Als Baumgartner zur Taskforce kam, «lag der Fokus auf dem Untersuchungszeitraum 2007 bis 2015». Erst mit der Zeit habe es Hinweise gegeben, dass schon vorher nicht alles rund lief. «Deshalb haben die Post und Herr Baumgartner die Zusammenarbeit im gegenseitigen Einvernehmen umgehend beendet.»

Noch weniger, als dass man Grüter zum «unabhängigen» Experten hätte machen dürfen, hätte man Baumgartner zur Neuausrichtung der Post-Tochter heranziehen dürfen.

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