Am Samstag demonstrierten 4500 Aktivisten auf dem Bundesplatz in Bern für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft. Sie folgten dem Aufruf der Organisation «Landwirtschaft mit Zukunft», ein Bündnis von Klimajugend, Umweltorganisationen und Bauern.
Umweltaktivist Dominik Waser als einer der Organisatoren war ganz vorne dabei. Seine Forderung: «Von der konventionellen Landwirtschaft verursachte Umweltkosten müssen auf die Lebensmittelpreise aufgeschlagen werden!» Sein Ziel will er auf politischem Weg erreichen, er unterstützt die Pestizid-Initiative.
Auf Einladung von SonntasBlick trifft er den Bauern Daniel Weber (46) kurz vor Beginn der Demonstration in einem Café. Eine Teilnahme an der Demo wäre Weber nicht in den Sinn gekommen. Er betreibt konventionellen Obstanbau in Gerolfingen BE. Prinzipiell will auch er den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft verringern. Seine Früchte vertreibt er im Direktverkauf auf den Märkten der Re gion. In den letzten Jahren setzte Weber vermehrt biologische Pflanzenschutzmittel ein – auch als Reaktion auf die Forderungen nach mehr Umweltschutz. Demos hält er aber für das falsche Mittel: «Das Problem der Umweltkosten kann nicht durch politischen Zwang gelöst werden.»
«Die Gesellschaft trägt die Verantwortung!»
Bauer Weber ärgert sich, dass alle meinen, über die Landwirtschaft urteilen zu müssen, aber kaum jemand mehr wüsste, «wie eine Rübe zum Boden rauskommt». Ein solches Wissen sei aber die Voraussetzung, um zu urteilen. In diesem Punkt stimmt ihm Aktivist Waser noch zu: «Die Gesellschaft weiss zu wenig über die Arbeit der Bauern.»
Beim Treffen der Männer in Bern schälen sich dann aber unterschiedliche Standpunkte heraus. Waser fordert, «dass die Landwirtschaft umweltfreundlicher wird». Er unterstützt die Pestizid-Initiative, weil es die Politik sei, die «für gerechte Preise sorgen muss». Bauer Weber hält dies «für nicht mehrheitsfähig». Die Gesellschaft sei nicht bereit, mehr Geld für Lebensmittel zu bezahlen. Eine Veränderung könne nur allmählich eintreten: «Die Nachfrage nach Bio lässt sich nicht erzwingen.» Einig sind sich beide immerhin, dass die Schweizer Böden vergiftet seien. Wasers Aussage, «die Landwirtschaft trägt die Hauptverantwortung für den Zustand unserer Böden» bringt den Bauern auf die Palme. «Im Trinkwasser wimmelt es von giftigen Rückständen. Aber nur ein kleiner Teil davon stammt aus der Landwirtschaft!», entgegnet er. Weit grösseren Einfluss hätten andere Branchen wie beispielsweise das Baugewerbe. Der Umweltaktivist bleibt dabei: «Die konventionelle Landwirtschaft schadet den Böden.» Ihm ist es aber wichtig, nicht den Bauern die Schuld zu geben. «Die Gesellschaft trägt die Verantwortung!» Zwei Welten prallen aufeinander. Dabei wollen beide weniger Gift in Trinkwasser und Böden. Nur ihre Wege sind so unterschiedlich, dass sie sich selten kreuzen.