Daten nicht besonders schützenswert
Wer Sozialhilfe bekommt, soll geoutet werden dürfen

In der Herbstsession wird der Nationalrat über den Datenschutz beraten. Das totalrevidierte Gesetz ist höchst umstritten. Auch, weil der Datenschutz nach Ansicht der Mitte-Links-Minderheit geschwächt wird.
Publiziert: 16.08.2019 um 15:08 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2019 um 17:20 Uhr

Gegen das neue Datenschutzgesetz gibt es von rechts und links gibt es Widerstand. Das zeigt sich in den Entscheiden der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats: Kommissionspräsident Kurt Fluri (63, FDP) musste bei 9 zu 9 Stimmen und 7 Enthaltungen den Stichentscheid treffen.

Nach dem Geschmack der SVP ist die Vorlage nun zu stark auf international tätige Unternehmen ausgerichtet. Sie will dem Rat beantragen, das Gesetz an den Bundesrat zurückzuweisen.

Mitte-Links ist unzufrieden

Aus Sicht von SP, Grünen und GLP wiederum geht der Datenschutz nicht weit genug: Das Schutzniveau werde mit der Reform gesenkt.

Beispielsweise beim Umgang mit besonders schützenswerten Personendaten. Die Kommission hat die Liste der Personendaten angepasst, für die ein besonderes Schutzniveau gilt. So beschloss sie, dass Daten über Sozialhilfemassnahmen nicht als besonders schützenswert gelten sollen: Es könne nämlich  im Interesse der Vertragspartner, der Anbieter oder gar der Öffentlichkeit sein, zu wissen, ob eine Person Sozialhilfe bezieht.

Immerhin: Daten über unsere Gene gehören weiter uns: Diese wurden in die Liste der besonders schützenswerten Daten aufgenommen.

Mehr Macht fürs Parlament

Weiter will die Kommission, dass das Parlament und nicht wie bisher der Bundesrat den Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten wählt. Heute muss das Parlament die Wahl nur genehmigen. Mit einer Direktwahl durch das Parlament könnte in den Augen der Kommission die Unabhängigkeit des Datenschützers besser gewährleistet werden.

Zu den umstrittenen Punkten gehören auch die Regeln zum Recht auf Datenportabilität. Dieses sieht vor, dass jede Person von einem Dienstleister – beispielsweise einem Anbieter von Onlinediensten – verlangen kann, die sie betreffenden Personendaten in einem gängigen Format an sie herauszugeben, um diese Daten einem anderen Dienstleister übergeben zu können.

Firmen drohen keine Strafen

Das vom Bundesrat vorgeschlagene Sanktionssystem hat die Kommission angenommen. Dieses sieht keine verwaltungsrechtlichen, sondern ausschliesslich strafrechtliche Sanktionen vor. Bei Verstössen gegen das Datenschutzgesetz können somit nur natürliche Personen - namentlich die Führungskräfte eines Unternehmens - juristisch belangt werden. Unternehmen können nur in einigen klar definierten Fällen sanktioniert werden.

Bei den Bussen folgte die Kommission dem Bundesrat, der einen Höchstbetrag von 250'000 Franken vorschlägt. Minderheiten sprechen sich für höhere Bussen aus. Im EU-Recht sind Bussen von 10 Millionen Euro vorgesehen, im Fall von Unternehmen sogar bis zu 20 Millionen Euro.

In Kraft treten soll das neue Gesetz nach dem Willen der Kommission erst zwei Jahre nach Ablauf der Referendumsfrist beziehungsweise einer allfälligen Volksabstimmung. Dies soll gewährleisten, dass Unternehmen ausreichend Zeit für die erforderlichen Anpassungen haben.

(SDA/sf)

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