«Das wäre keine Katastrophe»
Cassis kann mit Verzögerung bei Migrationspakt leben

Aussenminister Ignazio Cassis kann damit leben, falls die Schweiz den Uno-Migrationspakt nicht im Dezember sondern später unterzeichnen würde. Das wäre «keine Katastrophe», sagte der Freisinnige in einem am Samstag publizierten Interview von Tamedia.
Publiziert: 03.11.2018 um 03:28 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2018 um 20:22 Uhr
Bundesrat Ignazio Cassis sagt, dass er mit einer Verzögerung der Unterzeichnung des UNO-Migrationspaktes leben könnte.
Foto: PHILIPPE ROSSIER

Aussenminister Ignazio Cassis kann damit leben, falls die Schweiz den Uno-Migrationspakt nicht im Dezember sondern später unterzeichnen würde. Das wäre «keine Katastrophe», sagte der Freisinnige in einem am Samstag publizierten Interview von Tamedia.

Ihm sei es wichtig, dass die Diskussion zuerst innenpolitisch breit geführt werde. Sonst kämen nach der Unterzeichnung Dutzende von Vorstössen aus dem Parlament mit der Forderung nach einem neuen Amt, zehn zusätzlichen Stellen und einem Gesetz - obwohl man am Anfang gesagt habe, es gebe keinen Handlungsbedarf. Die rechtlich nicht verbindliche Absichtserklärung der Uno wird an einer Konferenz vom 10. und 11. Dezember in Marokko unterzeichnet.

Kommission will keine Unterschrift

Cassis reagierte damit auf eine Empfehlung der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom Freitag. Diese will, dass der Bundesrat dem Migrationspakt im Dezember nicht zustimmt. Die Schweiz solle sich nicht international für Ziele einsetzen, die in Widerspruch zu schweizerischem Recht treten könnten, erklärte die Kommission. Die Schweizer Regierung soll das Parlament bis zur Wintersession genauer über die Tragweite des Migrationspaktes informieren.

Der Uno-Migrationspakt macht Empfehlungen für eine möglichst einheitliche internationale Migrationspolitik. Inhalte sind etwa die Bekämpfung des Menschenhandels, sichere Grenzen, Beachtung der Menschenrechte sowie Rückführung und Reintegration. Der Pakt ist umstritten. Ende Oktober zog sich mit Österreich nach den USA, Ungarn und Australien das vierte Land von der Absichtserklärung zurück. Der Bundesrat erklärte, der Inhalt entspreche den Interessen der Schweiz. Sie setze die Empfehlungen bereits um, innenpolitisch bestehe kein Handlungsbedarf.

«Am Schluss der Verhandlungen»

Im Interview dämpfte Cassis zudem die Erwartungen in Bezug auf ein Rahmenabkommen mit der EU. «Wir sind eigentlich am Schluss der Verhandlungen. Das heisst aber nicht, dass das Rahmenabkommen mit der EU sicher kommt.» Der Verhandlungsspielraum sei ausgeschöpft. Etwa bei den flankierenden Massnahmen und der Unionsbürgerrichtlinie könne man nichts verhandeln, hier müssten politische Entscheide getroffen werden.

«Je nachdem, wie der Bundesrat die Qualität des Resultats einstuft, wird das Resultat akzeptiert oder nicht. Beide Wege haben ihren Preis. Und ich bleibe dabei: Ein gutes Abkommen ist wichtiger als ein rasches.» Ab Januar 2019 sei die EU im Wahlmodus, dann sei eigentlich«finito». Je länger es noch gehe, desto unwahrscheinlicher werde es.

Cassis bedauert Kritik der SP

Rund ein Jahr nach seiner Amtseinführung nahm Cassis auch Stellung zur harten Kritik von Links an seiner Amtsführung. Die SP habe seine Wahl vermutlich noch immer nicht verdaut, sagte Cassis. Die Partei sei sich nicht gewohnt, dass ein Bundesrat gegen ihren Willen gewählt worden sei.

SP-Parteichef Christian Levrat etwa hatte den Aussenminister offen als «Praktikanten» bezeichnet. Er bedauere dies, sagte Cassis. Persönliche Attacken seien fehl am Platz. Er habe versucht, Brücken zu schlagen und sich mit der SP wie mit alle anderen Parteien auch getroffen. Trotz allem habe die SP nicht akzeptiert, dass er eine Weltanschauung habe, die er auch in den Bundesrat einbringe. (SDA)

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