Plötzlich geht es ganz schnell. Der Bundesrat lockert ab Montag die meisten Corona-Massnahmen. Die Verantwortung schiebt er dabei den Kantonen zu – und der Bevölkerung. Denn die Regierung hofft stark auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen. Bussen sind kaum vorgesehen.
Gelockert wird beispielsweise die Abstandsregel. Neu empfiehlt der Bundesrat nicht mehr einen Abstand von 2, sondern nur noch von 1,5 Metern. Der Abstand sei etwas willkürlich, räumte Gesundheitsminister Alain Berset (48) auf Nachfrage von BLICK ein. Er solle aber aufzeigen, dass nach wie vor nicht Normalität herrsche.
Polizeistunde fällt
Aber immerhin: Es dürfen wieder mehr Personen gleichzeitig ein Geschäft betreten, die Restaurants enger stuhlen. Und die 1,5 Meter sogar unterschreiten – wenn sie entweder zu anderen Schutzmassnahmen wie Masken oder Plexiglaswänden greifen. Oder aber, wenn auch das nicht möglich ist, die Kontaktdaten aller Personen aufnehmen. Eines davon aber ist obligatorisch – bei Verstössen drohen Bussen.
Der Bundesrat kommt Beizen, Bars, Clubs – und Nachtschwärmern sogar noch weiter entgegen. Die Corona-Polizeistunde ab 24 Uhr wird aufgehoben. Und in Lokalen darf man wieder stehen.
Erlaubt sind ab Montag auch wieder Veranstaltungen bis 1000 Personen. Der Veranstalter muss die Besucher in Gruppen von maximal 300 Personen trennen. Und auch hier gelten die oben genannten Schutzmassnahmen.
Keine Busse bei Verstoss
Einzig bei Demonstrationen muss ab heute Samstag die Obergrenze von 1000 Personen nicht mehr eingehalten werden. Allerdings müssen alle Teilnehmenden eine Maske tragen. Allerdings: Wer sich nicht daran hält, wird nicht gebüsst, wie das Bundesamt für Gesundheit bestätigt. Sprecher Daniel Dauwalder sagt zu BLICK, man habe aus Verhältnismässigkeitsgründen auf eine Strafbewehrung verzichtet. «Es geht darum, dass sich die Demonstrierenden schützen und dadurch die Polizei auch nicht eingreifen muss wegen Masken, die nicht getragen werden.»
Dafür verzichtet der Bundesrat auf eine Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig aber empfahl Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60), eine Maske zu tragen, wenn in Zug oder Bus der Abstand nicht eingehalten kann. Die Kantone wiederum sind frei, für den ÖV eine regionale Maskenpflicht zu beschliessen. Zumindest im Kanton Genf wird eine solche diskutiert.
Schon bald könnten auch wieder mehr Menschen im ÖV unterwegs sein. Denn der Bundesrat hebt die Homeoffice-Empfehlung auf – sogar für besonders gefährdete Personen. Die Arbeitgeber hätten aber unverändert eine Fürsorgepflicht, betonte Sommaruga.
Kantone in der Pflicht
Was aber, wenn die Corona-Fallzahlen wieder steigen? Dann stehen von jetzt an die Kantone in der Pflicht. Wie und wann sie handeln sollen, definiert der Bundesrat nicht genau. Damit droht wieder ein Flickenteppich an Regeln.
Der Bund werde die Kantone nicht einfach im Stich lassen, versicherte Sommaruga. Zudem sei man heute in einer «viel besseren Ausgangslage» als vor Ausbruch der Epidemie. Allzu viel Angst vor einer zweiten Infektionswelle scheint der Bundesrat nicht zu haben – zumindest hat er die Empfehlung seiner wissenschaftlichen Taskforce, auf weitere Lockerungen zu verzichten, ignoriert.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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