So ganz sauber sind die Wahlen in der Türkei nicht gelaufen. Zu diesem Schluss kommen die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Recep Tayyip Erdogan (64) und seine Partei AKP hätten einen «deutlichen Vorteil» gehabt, insbesondere durch die «exzessive Berichterstattung» regierungsnaher Medien, finden sie. Auch seien Grundrechte wie die Versammlungs- und Meinungsfreiheit eingeschränkt gewesen. Die OSZE-Mission kritisierte zudem die vielen Angriffe auf Kandidaten insbesondere der prokurdischen Partei HDP.
«Keine Unregelmässigkeiten»
Aber: Trotz etlicher Unregelmässigkeiten am Wahltag seien die Regeln «weitgehend eingehalten» worden. Die Wähler hätten «eine echte Wahl gehabt, trotz einem Mangel an gleichen Bedingungen» für die Kandidaten.
Zu diesem Schluss kommt auch Claudia Friedl (57). Die St. Galler SP-Nationalrätin war als Wahlbeobachterin in der Region Kahramanmaras im Südosten der Türkei. «Wir haben vom frühen Morgen bis in die späte Nacht zehn verschiedene Wahllokale und Auszählungen besucht», sagt sie zu BLICK. «Uns sind keine Unregelmässigkeiten aufgefallen.»
«Viele lange Gesichter»
In Kahramanmaras heisst der Wahlsieger ebenfalls Erdogan. Und auch dort haben seine Anhänger den Sieg mit einem Autokorso durch die Stadt gefeiert. «Doch es gab auch lange Gesichter, denn viele in der Region sind Kurden», so Friedl. Sie glaubt nicht, dass die Wahlen die Türkei stabilisieren werden. «Die Leute sehnen sich nach wirtschaftlichem Aufschwung und gesellschaftlicher Öffnung.»
Die türkischstämmige Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (38, BS) verfolgte die Wahlen in der Provinz Van, die ebenfalls mehrheitlich von Kurden besiedelt wird. Obwohl sie selbst nicht beobachtet habe, dass jemand direkt unter Druck gesetzt worden sei, sei die «indirekte Einwirkung der Staatsmacht deutlich spürbar». «Unter diesen Umständen kann man nicht von fairen Wahlen reden», sagt Arslan.
«Das ist bei freien und fairen Wahlen unüblich»
Denn die Wahlen seien ja unter den Bedingungen des in der Türkei geltenden Ausnahmezustandes durchgeführt worden. «Es gab eine umfassende und flächendeckende Präsenz der türkischen Sicherheitskräfte. Sogar in den Wahllokalen waren Polizisten anzutreffen, was bei freien und fairen Wahlen unüblich ist», so Arslan.
Diese Machtdemonstration der Staatsführung habe einen «indirekten Einfluss auf die Wähler» gehabt, ist sie überzeugt. Zudem sei die Opposition bereits im Wahlkampf massiv benachteiligt worden. «Viele Medien sind staatsnah und haben zugunsten von Recep Tayyip Erdogan berichtet.»
Auch in der Schweiz, wo viele Kurden leben, erhielt Erdogan von den Präsidentschaftskandidaten in allen drei Wahlkreisen am meisten Stimmen: in Zürich 34 Prozent, in Bern 38 Prozent – und in Genf sogar 52 Prozent.
Der schweizerisch-türkische Doppelbürger und Oppositionswähler Hakan Parlak (42) verweist aber auf jene Stimmberechtigten, die Erdogan nicht gewählt haben: «In Bern und Zürich haben deutlich über 60 Prozent gegen Erdogan gestimmt. Das Resultat in der Westschweiz erklärt sich durch die Wähler aus Frankreich, die in Genf ihre Stimme abgeben konnten.»
Parlak ist enttäuscht, dass es der Opposition nicht gelungen ist, die Mehrheit auf sich zu vereinen. Vor allem befürchtet er, dass die Lira noch tiefer fallen wird und Investoren wegen der fehlenden Rechtssicherheit ihr Kapital abziehen werden. Parlak: «Für die türkische Wirtschaft könnte diese Wahl in einer Katastrophe enden.»
Dennoch wertet Parlak die Wahl als Erfolg für die Opposition. «Erdogan musste auf Druck der Opposition auf einige Forderungen wie Erhöhung der Altersrenten und Auflösung des Ausnahmezustandes eingehen.» Und Parlak verspricht: «Wir lassen uns auch in Zukunft nicht unterkriegen. Die Opposition ist lebendiger denn je!»
Auch in der Schweiz, wo viele Kurden leben, erhielt Erdogan von den Präsidentschaftskandidaten in allen drei Wahlkreisen am meisten Stimmen: in Zürich 34 Prozent, in Bern 38 Prozent – und in Genf sogar 52 Prozent.
Der schweizerisch-türkische Doppelbürger und Oppositionswähler Hakan Parlak (42) verweist aber auf jene Stimmberechtigten, die Erdogan nicht gewählt haben: «In Bern und Zürich haben deutlich über 60 Prozent gegen Erdogan gestimmt. Das Resultat in der Westschweiz erklärt sich durch die Wähler aus Frankreich, die in Genf ihre Stimme abgeben konnten.»
Parlak ist enttäuscht, dass es der Opposition nicht gelungen ist, die Mehrheit auf sich zu vereinen. Vor allem befürchtet er, dass die Lira noch tiefer fallen wird und Investoren wegen der fehlenden Rechtssicherheit ihr Kapital abziehen werden. Parlak: «Für die türkische Wirtschaft könnte diese Wahl in einer Katastrophe enden.»
Dennoch wertet Parlak die Wahl als Erfolg für die Opposition. «Erdogan musste auf Druck der Opposition auf einige Forderungen wie Erhöhung der Altersrenten und Auflösung des Ausnahmezustandes eingehen.» Und Parlak verspricht: «Wir lassen uns auch in Zukunft nicht unterkriegen. Die Opposition ist lebendiger denn je!»