Das Jahr 2016 ist Geschichte. Nicht alle Politiker konnten die vergangenen zwölf Monate zu ihren Gunsten nutzen. Andere haben einen wahren Höhenflug erlebt. BLICK zeigt, wer 2016 top war und wer floppte.
Die Gewinner
Andreas Glarner
SVP-Nationalrat Andreas Glarner gehört klar zu den Gewinnern von 2016. Nicht nur schmetterte die Oberstaatsanwaltschaft Aargau zwei Klagen gegen ihn, eine wegen Schreckung und Betrug und eine wegen Amtsmissbrauch, ab. Der eingefleischte Gölä-Fan (BLICK berichtete) konnte sich in diesem Jahr ausserdem als Asylspezialist der SVP profilieren. Nicht nur durch seine harte Linie bei Asylsuchenden im Dorf, die ihm sogar internationale Bekanntheit verschafft hat, sondern auch durch den Besuch in einem Flüchtlingslager in Griechenland.
In den sozialen Medien kam Glarner wenig überraschend nur mässig gut an. Die erwähnte harte Linie zeigt sich auch in seinen Postings, die neben Zustimmung natürlich auch viel Kritik ernten. Von Twitter hat sich der 54-Jährige komplett zurückgezogen, der Umgangston war ihm zu harsch. Dafür ist er auf Facebook umso aktiver. Gekonnt nutzt er dieses Instrument, um immer wieder auf sich aufmerksam zu machen.
Cédric Wermuth
Auch der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth ist einer der Gewinner von 2016. Unter seiner Führung als Co-Präsident gelang es der Aargauer Kantonalpartei, den Abwärtstrend bei den Wahlen zu durchbrechen. Die SP gewann bei den Grossratswahlen stolze fünf Sitze und ging als einzige Siegerin vom Platz.
Auch auf dem nationalen Parkett kann der 31-Jährige mit diesem Jahr zufrieden sein. Die SVP-Initiative gegen die Masseneinwanderung wurde zu seiner vollen Zufriedenheit umgesetzt, trotz der rechtsbürgerlichen Mehrheit im Parlament. Auch wenn Wermuth im März noch nicht zu den «scharfen Hunden» gehörte (BLICK berichtete), so hat er später aufgedreht und wird nun bei Kennern schon als der «nächste Levrat» gehandelt.
Doris Leuthard
Die neue Bundespräsidentin Doris Leuthard darf sich ebenfalls zu den strahlenden Gewinnerinnen von 2016 zählen. Die Vorsteherin des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) gewann dieses Jahr sämtliche Abstimmungen. Von der Sanierung des Gotthard-Strassentunnels im Februar über die Pro-Service-public-Initiative im Juni bis zur Atomausstiegs-Initiative Ende November, stets ging Leuthard als Siegerin hervor.
Und Ende Jahr legte sie sogar noch einen drauf: Mit 188 Stimmen wurde sie am 7. Dezember zur Bundespräsidentin gewählt – ein Glanzresultat, das in den letzten 16 Jahren nur Pascal Couchepin und Johann Schneider-Ammann übertreffen konnten.
Petra Gössi
Zu den Gewinnern gehört auch FDP-Präsidentin Petra Gössi. Zwar steht die Schwyzerin noch immer im Schatten ihres Vorgängers Philipp Müller – was mit den aktuellen Themen Zuwanderung und Europa zu tun hat, in denen der Aargauer parteiintern den Ton angibt. Doch auch unter Gössi konnte die FDP den Erfolgspfad ausbauen. Die kantonalen Wahlen waren zwar durchzogen, doch immerhin in fünf von acht Fällen haben die Freisinnigen zugelegt, unter anderem in Freiburg und St. Gallen.
Im eidgenössischen Parlament ist die FDP zum Zünglein an der Waage geworden, das Mehrheiten beschaffen, aber auch verhindern kann. Oft setzt die Partei das geschickt ein. Dabei stellt Gössi klar, dass die FDP unter ihr nicht zur Juniorpartnerin der SVP wird. Und hin und wieder lässt die eher distanziert wirkende Frau durchblicken, dass sie gedenkt, es auch in Sachen Rhetorik mit ihrem Vorgänger aufzunehmen: Etwa, wenn sie der CVP vorwirft, «den Souverän zu verarschen» und Christian Levrat zugiftet, er sei noch in der «Kindergartenphase».
Die Gewerkschaften
Ganz klar gewonnen haben auch die Gewerkschaften. Nein, nicht, weil die Unia endlich den Belästiger Roman Burger losgeworden ist (BLICK berichtete). Sieger sind die Gewerkschaften bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative. Das lief alles nach ihren Wünschen. Denn auch wenn die MEI-Umsetzung den Stempel der FDP trägt, sollte nicht vergessen werden: Die Stellenmeldepflicht geht auf einen Vorschlag der Gewerkschaften zurück.
Damit steht erstmals in einem Schweizer Gesetz, dass Arbeitslose Vorrang vor anderen Bewerbern haben. Das ist ein Eingriff in den liberalen Arbeitsmarkt, der Paul Rechsteiner, Präsident des Gewerkschaftsbunds, freuen dürfte. Daneben konnten die Gewerkschaften bei ihrer Basis punkten, weil sie sich gegen die Wiedereinführung des «Saisonnierstatuts» bei ausländischen Arbeitnehmenden aussprachen, die inzwischen einen grossen Teil ihrer Mitglieder ausmachen.
Die Verlierer
Martin Landolt und die BDP
Kein gutes Jahr war 2016 für die BDP. Erstmals in ihrer Geschichte sind die Männer und Frauen um den Glarner Präsidenten Martin Landolt nicht mehr im Bundesrat vertreten. Ein herber Schlag, denn damit droht die Kleinstpartei in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Auf der eidgenössischen Bühne spielt die BDP kaum mehr eine Rolle: Ihr fehlen eigenständige Themen und auch ausreichend charismatisches Personal.
In den Kantonen läuft es kaum besser: Bei den Wahlen ist die BDP nach der CVP die zweitgrösste Verliererin. Und im Gegensatz zur grossen Ex-Partnerin hat die BDP in den meisten Regionen auch keine Basis. Beispiel Schwyz: Die Aktivitäten der Kantonalpartei sind im Sommer sistiert worden, die Bundespartei übernahm das Zepter. Die Neuenburger Sektion ist gar aufgelöst worden. Kein Wunder, prophezeite Parteigründer Hans Grunder (BE) im SonntagsBlick, in wenigen Jahren werde es die BDP gar nicht mehr geben.
Pascale Bruderer
Zu den politischen Verlierern gehört auch SP-Ständerätin Pascale Bruderer. Mit ihrem Ruf nach einer sozialen Marktwirtschaft stiess die 39-Jährige auf taube Ohren. Die Partei sprach sich stattdessen für das von ihr stark bekämpfte Wirtschaftspapier aus.
Auch sonst war 2016 kein einfaches Jahr für Bruderer. Bei den Regierungsratswahlen wurde sie zwar sogar aus Parteikreisen als Wunschkandidatin bezeichnet. Das dürfte sich aber geändert haben, als sie sich Schulter an Schulter mit dem SP-Ständerat Daniel Jositsch für eine liberalere Partei eingesetzt hat. Ihnen beiden wurde von vielen Seiten Eigennützigkeit und Profilierungsdrang vorgeworfen. Dass sie nach dem Parteitag Anfang Dezember viele aufmunternde Mails von SP-Mitgliedern erhielt, dürfte da ein schwacher Trost sein.
Pirmin Schwander
Für den Schwyzer Nationalrat Pirmin Schwander war das Jahr 2016 ebenfalls weniger erfreulich. Im Sommer wurde bekannt, dass der erbitterte Gegner der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) einer Frau geholfen haben soll, ihr Kind zu entführen. Die Staatsanwaltschaft leitete eine Untersuchung gegen ihn ein, vor der ihn seine Immunität als Nationalrat auch nicht schützen kann. Diese wurde nämlich wenig später vom Parlament aufgehoben.
Nicht viel besser läuft es mit seiner Kesb-Initiative. Im Sommer sollte diese nach einem zweiten Startschuss – nach dem ersten 2015 ist noch nichts passiert – lanciert werden. Das ist aber bis heute nicht geschehen. Die Initiative hätte das Ziel, den Einfluss der Kesb zu beschränken. Da der Initiativtext aber mehrmals angepasst und der Bundeskanzlei wieder zur Prüfung vorgelegt werden musste, verzögert sich der Start der Unterschriftensammlung massiv.
Didier Burkhalter
Verloren hat 2016 auch Didier Burkhalter. Vor allem an Präsenz: Selbst die FDP-nahe «Neue Zürcher Zeitung» fragte kürzlich, was der freisinnige Aussenminister eigentlich so mache. Seit seinem erfolgreichen Präsidialjahr 2014 ist Burkhalter in der Schweiz kaum mehr wahrnehmbar. Würde er nicht Interviews geben, wäre man nicht sicher, dass er überhaupt noch im Amt ist.
Auch international fehlt ihm die Bühne: Im Syrien-Konflikt sitzt die Schweiz trotz internationalem Genf und Burkhalters Reise in die Flüchtlingslager im Libanon nicht am Tisch, in Sachen Türkei hält man sich diplomatisch zurück. Durch die Art, wie das Parlament die Masseneinwanderungs-Initiative umgesetzt hat, braucht es keine Gespräche darüber mit Brüssel, das Rahmenabkommen ist vorerst auf Eis gelegt. Zu den wenigen Sternstunden gehören seine Auftritte im Parlament, wenn er Parteifreund Philipp Müller in Sachen Eritrea Paroli bietet oder SVP-Provokateur Roger Köppel trocken abblitzen lässt.
Die Mehrheit vom 9. Februar
Der mit Abstand grösste politische Verlierer des Jahres 2016 sind aber jene 50,3 Prozent Stimmbürger, die am 9. Februar 2014 Ja zur Masseneinwanderungs-Initiative sagten. Bei allen offenen Fragen – ob diese Initiative widersprüchlich formuliert war, ob die Mehrheit mit dem Ja auch die bilateralen Beziehungen zur EU preisgeben wollte oder nicht – eines wollten die 50,3 Prozent mit Sicherheit: eine Steuerung der Zuwanderung. Bekommen haben sie das nicht. Mag sein, dass die Zuwanderung in den kommenden Jahren zurückgeht: Am verabschiedeten Gesetz würde es mit Sicherheit nicht liegen.
Doch diese Mehrheit hat nicht nur eine Umsetzungsgesetzgebung verloren, sondern wohl auch ein Stück Vertrauen in die Politik. Das liegt nicht nur an der Parlamentsmehrheit, die die Stellenmeldepflicht durchgesetzt hat. Sondern auch an der SVP, die sich im Sinne des Zusammenhalts im Land zu wenig ernsthaft eingesetzt hat für eine gut schweizerische Lösung, mit der alle – Mehrheit und Minderheit – leben können.