Alles geht immer schneller? Nichts hat mehr Bestand? Eine oft gehörte Klage, gerade in der Politik, und eine grobe Verkürzung der Tatsachen. Denn in verschiedenen Belangen der Bundespolitik herrscht derzeit eine ausserordentliche Kontinuität, wenn nicht sogar eine totale Windstille.
Konkret: Beim Spitzenpersonal der Bundespolitik. Man nehme etwa die Landesregierung. Seit drei Jahren und fünf Monaten sitzen dieselben sieben Politiker im Bundesrat. Eine so grosse personelle Stabilität gab es seit bald 25 Jahren nicht mehr. Genauer: Seit der Ära von Kaspar Villiger (FDP), Jean-Pascal Delamuraz (FDP), Adolf Ogi (SVP), René Felber (SP), Otto Stich (SP), Arnold Koller (CVP) und Flavio Cotti (CVP), die von 1989 bis 1993 gemeinsam regierten.
Dass die Landesregierung einen geschlossenen Eindruck hinterlässt. Dass der Bundesrat trotz kniffliger Dossiers so viel Vertrauen geniesst wie nie zuvor. Das dürfte auch an der stabilen Besetzung liegen.
Neun Jahre Darbellay
Noch grösser ist die Kontinuität bei den Parteipräsidenten, sie dürfte tatsächlich von historischer Dimension sein. Seit Frühling 2012, also seit über drei Jahren, stehen dieselben Personen an der Spitze der sieben grössten Parteien. Christophe Darbellay hat schon mehr als zwei volle Legislaturen als CVP-Chef auf dem Buckel. Im September feiert er sein neunjähriges Amtsjubiläum.
Mit Christian Levrat, seit 2008 im Amt, hat auch die SP einen Frontmann, der Dauerhaftigkeit vorlebt. Seine drei Vorgänger dankten alle nach rund vier Jahren ab. Nicht zu vergessen: Toni Brunner, seit 2008 Chef der Volkspartei. Und Martin Bäumle, seit 2007 Präsident der Grünliberalen.
Man kann mit also Fug und Recht sagen: Das Personalkarussel im Bundeshaus steht schon lange still.
Am Ende der Beständigkeit
Allerdings: Mit dieser aussergewöhnlichen Kontinuität dürfte es bald schon vorbei sein. Zum einen steht bei der CVP ein Generationenwechsel bevor. Darbellay zieht sich Ende Legislatur aus der Bundespolitik zurück. Bundesratsnahe Kreise wollen zudem wissen, dass sich auch Bundesrätin Doris Leuthard mit Gedanken über einen baldigen Rücktritt aufhält.
Zum anderen geht es bei den Wahlen im Oktober auch um die Zusammensetzung des Bundesrats. Ob Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) ihren Sitz verteidigen kann, ist derzeit höchst ungewiss. Insofern: Die Klage über den rasanten Wandel sollte man sich für stürmischere Zeiten aufheben. Diese kommen früh genug.