Das meint BLICK zum Brexit
Die Wut gewinnt

Der Brexit ist ein Sieg des Unmuts über die Hoffnung auf das Bessere. Die Sehnsucht nach dem Nationalen siegt über die Realität des Globalen. Gewonnen ist damit rein gar nichts. Ein Kommentar von Chefredaktorin Iris Mayer.
Publiziert: 24.06.2016 um 12:34 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 11:40 Uhr
Blick-Chefredaktorin Iris Mayer.

Die Grossmacht Grossbritannien verlässt die EU, die Insel beschert dem Kontinent einen schwarzen Freitag. Die Aussteiger schicken die Börsen bachab, ihren Premierminister David Cameron in Frührente und den Rest Europas in kollektive Verzweiflung. Und die Nein-Sager haben nicht nur im Vereinigten Königreich Konjunktur: Auch in den Niederlanden, Italien und Frankreich wollen EU-Gegner Anti-Brüssel-Referenden organisieren.

Die Europäische Union dient vielen als idealer Sündenbock: zu bürokratisch, zu anmassend und gleichzeitig zu wenig durchsetzungsstark in Währungs- und Flüchtlingskrise. Emotional verfängt Dagegen-Sein viel leichter als Nach-Lösungen-Suchen. Ein diffuses Gefühl ungerechter Behandlung durch andere wiegt schwer, am Ende gewinnt dann die Wut. Das war auch bei der Masseneinwanderungsinitiative nicht anders.

Tatsächlich ist mit der Ablehnung der EU oder dem Austritt aus dem Staatenbund noch gar nichts gewonnen. Was genau sollte sich am schlechten öffentlichen Service in Grossbritannien nun verbessern, nur weil man weniger polnische Arbeiter ins Land lässt?

Spaltet der Austritt Grossbritanniens die EU? Zunächst einmal spaltet er Grossbritannien. Schottland hat für den Verbleib in der EU gestimmt und wird erneut das Referendum ergreifen, um das Vereinigte Königreich zu verlassen. Die Nordiren waren ebenfalls gegen den Brexit und könnten nun eine Wiedervereinigung mit dem EU-Mitglied Irland anstreben.

Die Abstimmung zeigt den Graben zwischen den Generationen. Die Jüngeren wären lieber in der EU geblieben. Es waren die Alten, die ihr Land von gestern zurückwollten. Ihre Sehnsucht nach der vermeintlich einfachen, nationalen Abgrenzung war stärker als die Realität der globalen, unübersichtlichen Welt von heute. Für Morgen ist damit rein gar nichts gewonnen, für jetzt jede Menge verloren.

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