Das meint BLICK zu Ueli Maurers TV-Abgang
Die Finöggeli von Bundesbern

Weil ihm die Berichterstattung nicht passte, liess Bundespräsident Ueli Maurer ein Interview mit dem SRF platzen. Leider zunehmend symptomatisch für die Schweizer Politiklandschaft.
Publiziert: 09.04.2019 um 15:44 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2019 um 18:03 Uhr
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Sermîn Faki, Politik-Chefin Blick-Gruppe, findet: Maurers TV-Abgang war falsch.
Foto: Shane Wilkinson
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Sermîn FakiPolitikchefin

Erst die Formulierung «alter Wein in neuen Schläuchen», dann noch der Auftritt von Ökonom Christoph Schaltegger (47) – als die SRF-Wirtschaftssendung «Eco» kritisch über die Steuervorlage 17 berichtete, platzte Ueli Maurer (68) der Kragen. Statt Moderator Reto Lipp (58) am Montag das vereinbarte Interview zu geben, verliess Maurer das TV-Studio.

Das ist sein gutes Recht. Aber ist es auch richtig? Ist es nicht.

Maurer ist kein Einzelfall. Immer mehr Politiker entwickeln sich zu Mimosen. Man denke nur an SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (58), die eine Parlamentsdebatte verliess, als sie von SVP-Nationalrat Roger Köppel (54) attackiert wurde. Oder an Westschweizer Regierungsräte wie Pascal Broulis (54) und Pierre Maudet (41), die derzeit reihenweise Journalisten vor Gericht zerren – weil diese ihren Job machen.

Maurer erklärte seinen TV-Abgang damit, dass SRF «die vereinbarten Abmachungen nicht eingehalten hat». SRF bestreitet das.

Noch vor ein paar Jahren sahen solche Absprachen zwischen Politikern und Medien so aus: Man legte den Termin und die Hauptthemen fest. Zu aktuellen Entwicklungen waren immer spontane Fragen möglich. Und los gings. Danach konnten die Interviewten, wenn sie darauf bestanden, das Gesagte vor Publikation gegenlesen.

Das reicht den meisten Politikern längst nicht mehr. Vor einem Bundesratsinterview wollen deren Kommunikationsberater einen möglichst genauen Fragenkatalog, von dem am liebsten nicht mehr abgewichen werden darf. Sie lassen sich mehrmals versichern, dass vermeintlich «heikle» Themen nicht angesprochen werden.

Und danach glätten sie das Interview, streichen Gesagtes und ergänzen mit Ungesagtem, formulieren sogar Fragen der Journalisten um. Eine Unsitte, von der zunehmend Gebrauch gemacht wird und die fast täglich zum nervenaufreibenden Kampf um Worte und Wörtli wird.

Auch Parteifunktionäre reagieren zunehmend empfindlich auf die Anwendung der Pressefreiheit. Am liebsten wäre ihnen, man würde einfach unwidersprochen ihre Haltung übernehmen.

Sicher, auch für Politiker ist es nicht einfacher geworden. Zeitdruck, Social-Media-Flut und manche unerfahrene Journalisten machen ihnen das Leben schwer. Und so versuchen sie, immer mehr unter Kontrolle zu halten.

Dabei geht eines vergessen: Politiker sind dazu da, sich auf den Wettstreit der Ideen und Meinungen einzulassen. Gewählte Politiker – Bundespräsidenten erst recht – stehen daher in der Verantwortung, sich auch unbequemen Fragen zu stellen. Medien sind nicht das Sprachrohr von Parteien und Regierungen. Und Politiker, bitte sehr, keine Finöggeli.

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