Das dürfte sich Martin Candinas (38) anders vorgestellt haben. Für eine Homestory hatte sich der CVP-Nationalrat aus Graubünden bereit erklärt, die «Schweizer Illustrierte» auf einen Familienausflug mitzunehmen. Es ging zum Trottinett-Fahren ins Val Tuors oberhalb von Bergün GR.
Die Söhne Laurin (9) und Linus (6) sowie Tochter Lena (4) sind mässig begeistert – zu lange dauert es, bis jeweils die Fotos gemacht sind. Zudem kennt der Papa einfach alle im Tal – und wird immer wieder aufgehalten. Da kommt das Trottinett-Fahren ein bisschen zu kurz.
Entwaffnende Ehrlichkeit
Von dem, was ihr Papi in Bern so macht, haben sie eine ganz eigene Vorstellung. «Läse!», sagt die kleine Lena, um gleich von Bruder Laurin korrigiert zu werden: «Nein, chille und labere.»
Nicht grad schmeichelhaft für den Vater, der ja immerhin in der Verkehrskommission, der Geschäftsprüfungskommission und der Neat-Aufsichtsdelegation politisiert.
Candinas nimmt es locker. «In dem Alter werden die Kinder ein bisschen vorwitzig – aber das ist ja auch gut so», sagt er, als BLICK ihn in den Ferien erreicht, wo er gerade von seinen Kindern im Sand eingebuddelt wird. «Letztlich zeigt das ja nur, dass auch Politikerkinder wie alle anderen sind.»
Es sei halt schwierig, dem Nachwuchs zu erklären, was ein Politiker tue. «Zweimal im Jahr besucht mich die Familie im Bundeshaus – die Kinder sollen ja wissen, wo ihr Vater ‹arbeitet›», sagt Candinas. «Aber sonst versuche ich, sie möglichst aus dem Politikbetrieb herauszuhalten.»
Mehr in Bern als in Graubünden
Candinas ist fast Vollzeit-Politiker – seinen bürgerlichen Beruf für eine Versicherung übt er nun noch zu 20 Prozent aus. Seit acht Jahren sitzt er im Nationalrat, derzeit kandidiert er für eine dritte Amtszeit. Hinzu kommen viele Mandate: Candinas ist Präsident des Informationsdiensts für den öffentlichen Verkehr (Litra) und des Verbands Swiss Helicopter Association sowie Vizepräsident der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete.
Heisst: Er ist mehr in Bern als daheim in Graubünden. Für die Kindererziehung ist Ehefrau Eliane (38) zuständig – freiwillig, wie Candinas betont. Doch noch mehr wolle er ihr nicht aufbürden: Als er als möglicher Kandidat für die Nachfolge von alt Bundesrätin Doris Leuthard (56) gehandelt wurde, sagte er ab. «Ich habe keine Sekunde daran gedacht», verriet er der «Schweizer Illustrierten». Schon heute sei es eine Herausforderung, neben Politik und Beruf genug Zeit für die Familie einzuplanen.