Aussenminister sein – das tönt verlockend. Im Bundesratsjet um die Welt düsen, hier ein paar Kindern den Kopf streicheln, da einem Staatsmann die Hand schütteln und dann ab zum Bankett.
Doch so wird das Leben des neuen Aussenministers – oder der neuen Aussenministerin, sollten sich Doris Leuthard oder Simonetta Sommaruga morgen für einen Departementswechsel entscheiden – nicht aussehen. Denn die Aussenpolitik wird in den kommenden Jahren vor allem auch im Inland spielen. Hier liegen die Mammutaufgaben, die der neue EDA-Chef anpacken muss.
Knacknuss EU
Da sind zum Ersten die Beziehungen zur EU. Das Rahmenabkommen, das dem scheidenden Didier Burkhalter vorschwebte, wird sich so nicht umsetzen lassen – mittlerweile sind die «fremden Richter» ein Schimpfwort, das Politiker nur noch in den Mund nehmen, um sich so weit wie möglich davon zu distanzieren.
Die Zeiten, als ein EDA-Staatssekretär ungestraft «Ja, es sind fremde Richter, aber es ist auch fremdes Recht» sagen durfte, so wie Yves Rossier das vor wenigen Jahren tat, sind endgültig vorbei.
Die Quadratur des Kreises
Burkhalters Plan zur Weiterentwicklung des bilateralen Wegs wurde vom Bundesrat nicht mehr unterstützt – also muss ein neuer her. Der künftige EDA-Chef wird ganz von vorn beginnen müssen – und die Möglichkeiten sind beschränkt.
Fakt ist, dass Brüssel keine weiteren Abkommen abschliessen will, solange nicht geklärt ist, wie mit Weiterentwicklungen des Rechts und Streitigkeiten umgegangen wird. Anderseits drängt die Wirtschaft darauf, dass Schweizer Unternehmen möglichst barrierefreien Zugang zum EU-Markt brauchen. Eine neue Quadratur des Kreises. Da ist Kreativität gefragt.
Zum Glück für den oder die Neue hat man im EU-Dossier etwas Zeit. Führende Parteistrategen wollen die Europa-Frage unbedingt aus dem Wahlkampf 2019 heraushalten – denn ausser der SVP können alle damit nur verlieren. Burkhalters Nachfolger hat also zwei Jahre Zeit, um eine neue Idee zu entwickeln.
Knacknuss Entwicklungshilfe
So er denn wirklich Zeit dafür hat. Denn da ist noch ein anderes gewichtiges Thema, das viel Zeit und Nerven kosten wird: die Entwicklungshilfe. Zwar sprach das Parlament letztes Jahr elf Milliarden Franken für die internationale Zusammenarbeit in den Jahren 2017 bis 2020. Doch dieser Beschluss gilt jeweils nur bis zur nächsten Budgetdebatte.
Und da sieht es für die Zukunft schlecht aus. In den bürgerlichen Parteien wächst der Widerstand gegen die Summen. Es muss gespart werden – und Kürzungen in der Entwicklungshilfe spürt der eigene Wähler nicht. Um nicht einen Teil seines Budgets zu verlieren, muss der neue Aussenminister also kämpfen.
Kopplung an Migration
Zudem fordert die Politik mehr und mehr, die Entwicklungshilfe an die Migrationspolitik zu koppeln. Heisst: Dorthin Geld zu schicken, von wo besonders viele Migranten in die Schweiz kommen. Durch Berufsbildungs- und andere Projekte soll es Menschen davon abhalten, sich auf den Weg Richtung Chiasso zu machen. Und Teile des Parlaments wollen, dass nur noch jene Länder Entwicklungshilfe erhalten, die auch ihre Wirtschaftsmigranten wieder zurücknehmen.
Terrain für Rückschaffungen
Ohnehin, die Rückschaffungen: Politiker – und Stimmbürger – stören sich daran, dass viele Flüchtlinge nicht in ihre Heimat zurückspediert werden können. Sei es, weil sich das Herkunftsland weigert, wie im Fall von Algerien. Sei es, weil über die Lage im Heimatstaat widersprüchliche Informationen kursieren wie im Fall von Eritrea: für die einen eine totalitäre Diktatur, in der Rückkehrern Folter und Versklavung droht, für den anderen einfach ein afrikanisches Land mit wirtschaftlichen Problemen.
Daher fordert das Parlament mehr Rückschaffungsabkommen. Den Boden dafür muss ebenfalls der neue Aussenminister bereiten. Am besten mit Besuchen in diesen Ländern. Wenigstens kann er dann den Flug im Jet geniessen.