Lebenslange Freiheitsstrafe, dazu ordentliche Verwahrung und ambulante Therapie: So lautet das Urteil gegen den Vierfachmörder von Rupperswil. Dass Thomas N. (34) jemals wieder in die Freiheit entlassen wird, ist mit diesem Verdikt sehr unwahrscheinlich. «Mit der zusätzlich zur lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesprochenen ordentlichen Verwahrung haben die Richter eine bedingte Entlassung zusätzlich erschwert», erklärt Jurist und FDP-Ständerat Andrea Caroni (37, AR).
Das zeige, so Caroni, dass die Richter an der vollständigen Therapierbarkeit von N. zweifeln. Tatsächlich haben zwei psychiatrische Gutachter den Vierfachmörder für grundsätzlich therapierbar erklärt. Aus diesem Grund konnten die fünf Richter keine lebenslängliche Verwahrung aussprechen – diese setzt Untherapierbarkeit voraus.
Richter soll ohne Gutachter über bedingte Entlassung urteilen können
Natalie Rickli (41) findet das Urteil gegen Thomas N. zwar richtig und fair. Die Zürcher SVP-Nationalrätin attestiert den Richtern auch, das Maximum dessen herausgeholt zu haben, was das Strafgesetz ihnen bietet. Aber: «Eine kleine, theoretische Chance besteht trotzdem, dass Thomas N. irgendwann wieder freikommt.» Darum will die SVP-Nationalrätin den Richtern ein weiteres Instrument in die Hand geben, um brutale Straftäter wie im Fall Rupperswil lebenslänglich wegzusperren.
Konkret schwebt Rickli eine Gesetzesanpassung vor, die die Richter ermächtigt, die Möglichkeit einer bedingten Entlassung – also der vorzeitigen Entlassung auf Bewährung – bereits beim Urteil auszuschliessen, wenn sie eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängen. «Dann steht die Strafe und nicht die Therapierbarkeit im Fokus», begründet die Winterthurerin.
Mit Menschenrechtskonvention verträglich
Die Richter sollen also direkt entscheiden können, ob ein Täter jemals wieder auf freien Fuss kommt oder nicht. Viele Länder kennen eine solche Regelung, sagt Rickli: «Und sie steht nicht in Konflikt mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, wie dies im Falle der Verwahrung immer wieder ins Feld geführt wird.»
Bereits vor sechs Jahren hatte die SVP-Frau diese Gesetzesänderung angestrebt – damals erfolglos. Die Rechtskommission verwarf die Idee mit der Begründung, dass die lebenslange Freiheitsstrafe nur in wenigen Fällen ausgesprochen werde und der Ausschluss der bedingten Entlassung dem Resozialisierungsgedanken des Strafrechts widerspreche. Das öffentliche Interesse nach Sicherheit gegenüber dem Interesse der Resozialisierung nur in einem bestimmten Moment abzuwägen, greife zu kurz, so die Kommission damals.
Caroni: Strafe muss Schwere der Tat Rechnung tragen
Dennoch möchte Rickli nun einen Neuanlauf nehmen. Die Chancen stehen dieses Mal besser. Caroni nimmt Ricklis Ball jedenfalls auf. Für ihn ist zentral, «dass die Schwere des Verschuldens in der Strafe abgebildet ist».
Caroni plädiert deshalb dafür, dass bei Taten, für die die lebenslange Freiheitsstrafe als Sanktion überhaupt möglich ist – also Mord, qualifizierte Geiselnahme, Völkermord sowie Kriegsverbrechen –, der Strafrahmen erhöht wird. «Wenn die Schuld des Täters besonders gravierend ist, sollte der Richter eine Freiheitsstrafe aussprechen können, deren früheste bedingte Entlassung zum Beispiel erst nach 30 oder 50 Jahren möglich ist.»