Damalige US-Justizministerin erledigte Fifa-Verfahren in nur zwei Jahren
Was Lynch besser machte als Lauber

Die Schweizer Justiz bekommt ihre Fifa-Fälle nicht auf die Reihe – die USA haben die meisten Verfahren schon längst abgeschlossen.
Publiziert: 22.06.2019 um 23:37 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:08 Uhr
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Barack Obamas effiziente Justizministerin: Loretta Lynch zog den Fall Fifa durch.
Foto: AFP
Cyrill Pinto

Loretta Lynch (60) hats vorgemacht. Am 27. Mai 2015 erklärte die damalige US-Justizministerin die Eröffnung des Verfahrens gegen mehrere Fifa-Funktionäre.

Bei ihrem auf CNN live übertragenen Auftritt schilderte die demokratische Politikerin, wie FBI und US-Steuerbehörde monatelang Beweise gegen den Weltfussballverband zusammengetragen hatten.

Dabei stiessen die Ermittler auf Dutzende Konten – und konnten nachzeichnen, wie Fifa-Funktionäre bei der Vergabe von Turnieren bestochen wurden, wie bei der Vergabe von Vermarktungs- und Übertragungsrechten Millionen an Schmiergeldern geflossen waren. Auf Antrag der US-Justiz kamen noch am selben Tag in Zürich sieben Fifa-Funktionäre in Haft, die später ausgeliefert wurden.

Ex-Fifa-Vize erwartet Auslieferung an die USA

Zweieinhalb Jahre da­rauf standen die meisten von ihnen vor einem US-Bundesgericht; die meisten kassierten hohe Haftstrafen: unter ihnen Hector Trujillo (64) und José Maria Marin (87).

Der prominenteste Beschuldigte, Ex-Fifa-Vize Jack Warner (76), dürfte demnächst wegen Betrug, Erpressung und Geldwäsche an die USA ausgeliefert werden. Bis jetzt wehrte er sich dagegen, seine Heimat Trinidad zu verlassen; vor zwei Wochen hatte er sein letztes Rechtsmittel ausgeschöpft.

In der Schweiz laufen rund zwanzig Verfahren gegen ehemalige Fifa-Funktio­näre, auch gegen Ex-Oberboss Joseph Blatter (83). Am Dienstag aber erklärte das Bundesstrafgericht in Bellinzona Bundesanwalt Michael Lauber für befangen; er muss in den Ausstand treten – ein Abschluss der Rechtsfälle ist damit in weite Ferne gerückt.

Schiffbruch für Bundesanwaltschaft

Der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth zu SonntagsBlick: «Mit der jüngsten Entwicklung dürften die meisten Verfahren verjähren.» Weil mit Mi­chael Lauber der Leiter der Bundesanwaltschaft für befangen erklärte wurde, müssen Ermittlungshandlungen wie etwa Befragungen nochmals durchgeführt werden. Für das ohnehin schon komplexe Verfahren ist das Urteil eine Katastrophe. «Die Bundesanwaltschaft hat Schiffbruch erlitten», so Pieths Urteil.

In einer Stellungnahme betont die Bundesanwaltschaft, das Urteil aus Bellinzona stelle nicht die gesamte Arbeit ihrer Fifa-Taskforce infrage. «Der überwiegende Teil der hängigen Strafverfahren wird plangemäss weitergeführt.» Doch ob sie rechtzeitig abgeschlossen werden können, bezweifeln mehrere von SonntagsBlick angefragte Strafrechtsexperten.

Zum Verhängnis wurde den Ermittlern möglicherweise ihr Bestreben, in diesem international beachteten Fall besonders sorgfältig vorzugehen. Die Schweizer wühlten sich durch Unmengen an Daten, gingen jeder denkbaren Spur nach. Ihre Gründlichkeit ging aber offenbar viel zu sehr auf Kosten der Effizienz. Vereinfacht gesagt: Die Schweizer Bundesanwaltschaft hat sich verzettelt.

Fokus auf leicht nachweisbaren Straftatbestand

Anders die Amerikaner. Sie drückten in Sachen Fifa aufs Tempo. Dass ihre Verfahren überwiegend abgeschlossen sind, verdanken sie ihrer Strategie der «niedrig hängenden Früchte», wie Pieth erklärt. «Sie fokussieren auf einen leicht nachweisbaren Straftatbestand, um ihn dann gemäss dem Opportunitätsprinzip vor Gericht erfolgreich zur Anklage zu bringen.»

Die US-Behörden setzten die Beschuldigten auch durch Drohung mit langen Gefängnisstrafen unter Druck. Das zeigte offenbar Wirkung.

Das Ansehen der Schweizer Justiz hingegen dürfte durch die absehbare Einstellung von Fifa-Verfahren arg ramponiert werden, meint Pieth.

Laubers Henker kommt in 14 Tagen

Wenn sich Bundesanwalt Michael Lauber im September dem Parlament zur Wiederwahl stellt, hängt alles von ­einem Dokument ab: der Disziplinaruntersuchung von Laubers Aufsichtsbehörde AB-BA.

Fällt sie negativ aus, dürfte es eng werden für den obersten Strafverfolger. Die Gerichtskommission hat bei Chefaufseher Hanspeter Uster (61) einen Zwischenbericht für den 28. August bestellt. Anlass sind nicht protokollierte Treffen Laubers mit Fifa-Boss Gianni Infantino (49). Uster jedoch hat ein Problem: Noch fehlt die externe Fachperson, die die Untersuchung durchführen soll.

In spätestens 14 Tagen soll es so weit sein, wie AB-BA-Sekretär Patrick Gättelin dem SonntagsBlick mitteilt: «Unter Berücksichtigung der Frist, die dem Bundesanwalt zur Geltendmachung von Ausstandsgründen gewährt wird, dürfte die AB-BA innerhalb der nächsten zwei Wochen den Namen bekannt geben.»

Damit blieben noch acht Wochen, um ein Urteil über den Bundesanwalt zu fällen.

Derweil wetzen im Bundeshaus die ersten ihre Messer – teils mit handfesten Eigen­interessen. Welsche Parlamentarier portieren bereits einen Lauber-Nachfolger: den Genfer Generalstaatsanwalt Olivier Jornot (50), Gegenspieler von FDP-Staatsrat Pierre Maudet (41).

Wenn sich Bundesanwalt Michael Lauber im September dem Parlament zur Wiederwahl stellt, hängt alles von ­einem Dokument ab: der Disziplinaruntersuchung von Laubers Aufsichtsbehörde AB-BA.

Fällt sie negativ aus, dürfte es eng werden für den obersten Strafverfolger. Die Gerichtskommission hat bei Chefaufseher Hanspeter Uster (61) einen Zwischenbericht für den 28. August bestellt. Anlass sind nicht protokollierte Treffen Laubers mit Fifa-Boss Gianni Infantino (49). Uster jedoch hat ein Problem: Noch fehlt die externe Fachperson, die die Untersuchung durchführen soll.

In spätestens 14 Tagen soll es so weit sein, wie AB-BA-Sekretär Patrick Gättelin dem SonntagsBlick mitteilt: «Unter Berücksichtigung der Frist, die dem Bundesanwalt zur Geltendmachung von Ausstandsgründen gewährt wird, dürfte die AB-BA innerhalb der nächsten zwei Wochen den Namen bekannt geben.»

Damit blieben noch acht Wochen, um ein Urteil über den Bundesanwalt zu fällen.

Derweil wetzen im Bundeshaus die ersten ihre Messer – teils mit handfesten Eigen­interessen. Welsche Parlamentarier portieren bereits einen Lauber-Nachfolger: den Genfer Generalstaatsanwalt Olivier Jornot (50), Gegenspieler von FDP-Staatsrat Pierre Maudet (41).

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