Ein Autofahrer überholte im Sommer 2014 rund zehn Mal im Gotthard-Strassentunnel. Am Montag wurde er dafür von einem Tessiner Gericht in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. (Symbolbild)
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Da schmelzen sogar die Osterhasen
Darum wird es im Gotthard bis zu 39 Grad heiss

Erst als Karawane im Stau, dann Wüstenhitze im Tunnel: Die Gotthard-Strassenröhre ist nicht nur an Ostern ein Durchlauf-Erhitzer. Die durchschnittliche Temperatur beträgt übers Jahr im Tunnel 30,7 Grad. Lesen Sie bei BLICK, wo und warum es im Gotthard so heiss ist.
Publiziert: 17.04.2019 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 18.04.2019 um 13:16 Uhr
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Ist die Kamel-Karawane des Gotthard-Staus erst mal geschafft, geht es in die Wüstenhitze im Tunnel.
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Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

Über Ostern fahren täglich gegen 30'000 Fahrzeuglenker durch den Gotthardtunnel – ihre Blicke konzentriert auf die Fahrspur und den Tacho, Strich Tempo 80. Doch wer in der Gotthard-Röhre ständig aufs Armaturenbrett starrt, entdeckt noch anderes: die hohen Ausschläge auf der Temperaturanzeige! Werden vor dem Tunnelportal heute Donnerstag zum Beispiel 18 Grad angezeigt, klettern die Temperaturen im Tunnel locker auf 30 Grad und mehr.

Bei den einen steigert dieser Temperatur-Hüpfer die Vorfreude auf wärmende Sonnenstrahlen im Süden. Die andern staunen: Warum diese Wüstenhitze im Gotthard? Und weshalb purzeln die Grade dann doch wieder mitten im Tunnel?

Kühl im Gotthard heisst 27,6 Grad

Das Bundesamt für Strassen (Astra) hat die Temperaturen 2016/17 letztmals im Detail ausgewertet. Damals wurden im Juli 39,1 Grad gemessen und zwar an einer Messstelle 12 Kilometer nach dem Nordportal. Im Dezember war es an derselben Messstelle auch noch 31,3 Grad warm. Am «kühlsten» war es im Januar mit 27,6 Grad.

Die Jahreszeiten haben also einen Einfluss. Dieser wird kleiner, je weiter die Messstelle im Tunnel vom Portalbereich oder von einem Lüftungsschacht entfernt ist, wo frische Aussenluft angesaugt wird.

Der entscheidende Faktor für die Temperatur in der Röhre ist vielmehr die Höhe des Gesteins über dem Tunnel. «Die grösste Überdeckung ist mit rund 1600 Metern beim Monte Prosa – 2737 Meter über Meer – in der Nähe des Gotthardpasses», sagt Astra-Sprecherin Esther Widmer. Also just über der Messstelle, wo sommers wie winters im Tunnel die höchsten Temperaturen herrschen.

Pro 100 Meter Gestein steigt die Temperatur um 1 Grad

Aufgeheizt werden die Strassenröhren von der Erdwärme: Pro 100 Meter Gestein über dem Tunnel steigt die Temperatur in der Röhre um circa 1 Grad. Aber es gibt noch weitere Einflüsse nebst dem Berg und den Lüftungsschächten: die Gesteinsart, die Tunnellänge und der Gegenverkehr – bei richtungsgetrennten Röhren gibt es einen Luftzug in Fahrrichtung.

«Aber alle diese Einflüsse sind im Vergleich zum Einfluss der Höhe der Überdeckung eher klein», erklärt Widmer. Insgesamt betragen die Temperaturunterschiede im Tunnel zwischen 7 und 9 Grad Celsius.

Gut gewarteten Autos macht die Hitze nichts, aber ...

Auf den Verkehr wirken sich diese Temperaturen in der Röhre – durchschnittlich übers Jahr 30,7 Grad – wenig aus. Zumindest bei gut gewarteten Fahrzeugen. «Im Sommer herrschen auf Autobahnen oft höhere Temperaturen direkt über der Strassenoberfläche», sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach. Zum Stresstest kann die Tunnelhitze für Töfffahrer werden. Oder für die Fahrer eines Oldtimer-Cabrios.

Wer aber im klimatisierten Auto durch den Tunnel flitzt, kriegt davon nichts mit. Nur ein Schoggihäschen am Strassenrand, das wäre unter dem Monte Prosa bald flüssig, schliesslich schmilzt Milchschokolade bei etwa 37 Grad. Dann lieber vorher essen, als dort stehen lassen.

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