Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) wollte es genau wissen: Welche Parlamentarier vertreten in Bern die Interessen der Schweizer KMU am besten? Eine Auswertung der «KMU-relevanten Abstimmungen» in der laufenden Legislatur, die der Verband diese Woche in der «NZZ» veröffentlichte, erstaunt nicht: So schwingt bei den Nationalräten SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler (60, ZH) obenaus. Der, findet sein Verband, stehe in der grossen Kammer für die Belange der Gewerbler ein wie keiner sonst.
Überraschender hingegen das Abschneiden der CVP-Fraktion: In den Top 100 der KMU-freundlichsten Nationalräte findet sich kein einziger Vertreter der Mittepartei, Freisinn und SVP dominieren. Dabei sind viele CVP-Parlamentarier im Gewerbeverband engagiert. Sie können mit der Rangliste herzlich wenig anfangen.
Wahrscheinlich sei sie erstellt worden, «damit eine Grundlage besteht, welche Parteien und welche Personen im Wahljahr mehr oder eben weniger vom Verband unterstützt werden können», sagt Alois Gmür (63), CVP-Nationalrat aus dem Kanton Schwyz.
Die Auswahl sei «fragwürdig»
«Der Gewerbeverband beherrscht es meisterlich, Umfragen so zu gestalten, dass sie so herauskommen, wie es sich die Führung vorstellt», so der Braumeister – der gewöhnlich nicht im Verdacht steht, dem heimischen Schaffen zu wenig Beachtung zu schenken: Gmür ist in der Gewerbekammer des SGV aktiv, welche die Ausrichtung des Verbandes bestimmt.
Dort sitzt auch CVP-Ständerat Ivo Bischofberger (60, AI). Von den 46 Ständeräten landet er auf Platz 16 der KMU-Freundlichen – und ist damit der Bestplatzierte seiner Partei. Auch er hat seine Zweifel: «Die Auswahl der Geschäfte und deren Gewichtung ist aus meiner Sicht fragwürdig», so Bischofberger. «Denn war die Altersreform 2020 KMU-feindlich? Oder die Massnahmen gegen Schwarzarbeit? Für mich jedenfalls nicht.»
Er sieht seine Partei gefordert: «Wir CVP-Vertreter im Gewerbeverband müssen uns dafür einsetzen, dass er am Ende nicht einfach parteipolitischen Interessen dient.»
Es ist nicht das erste Mal, dass dieser Vorwurf aus den Reihen der CVP-Gewerbler laut wird. Vor einem Jahr weibelte der SGV für ein Ja zur No-Billag-Initiative. Seither versucht die CVP mehr Einfluss auf die Positionierung des Verbandes zu nehmen. Im Falle des aktuellen KMU-Ratings scheint dies nicht gelungen.