CVP sucht Lombardis Nachfolger als Fraktionschef
Der erste Hoffnungsträger springt schon ab

Die Abwahl des Tessiner Ständerats Filippo Lombardi traf die CVP aus heiterem Himmel. Nun müssen die Christdemokraten auf die Suche nach einem neuen Fraktionschef. Ein Hoffnungsträger sagt bereits ab.
Publiziert: 18.11.2019 um 18:05 Uhr
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CVP-Nationalrat Leo Müller (LU) amtet derzeit als Vize-Fraktionschef. Er signalisiert Interesse am Chefposten.
Foto: Keystone
Ladina Triaca und Ruedi Studer

Der Schock sitzt bei der CVP immer noch tief: Nur gerade 45 Stimmen fehlten Fraktionspräsident und CVP-Urgestein Filippo Lombardi (63) zur Wiederwahl in den Ständerat. Der Tessiner muss seinen Sessel nach 20 Jahren räumen.

Zeit, die Abwahl zu verdauen, bleibt der CVP allerdings nicht. Die Christdemokraten müssen nun auf die Suche nach einem Nachfolger für den abgewählten Fraktionschef.

Martin Candinas will nicht

Einer der Hoffnungsträger ist Martin Candinas (39). Der Bündner geniesst viele Sympathien in der Fraktion und gilt als Gesicht der jungen Generation. Doch der Nationalrat erteilt den Spekulationen gleich eine Absage: «Ich stehe für das Amt als Fraktionspräsident nicht zur Verfügung», sagt Candinas.

Er begründet seinen Entscheid damit, dass er bereits im Präsidium der CVP sitze. «Die Arbeit im Parteipräsidium gefällt mir sehr gut und ich möchte diese Arbeit gerne weiterführen.»

Gute Chancen für Müller

Candinas Absage öffnet die Tür für andere Anwärter. Gute Chancen werden etwa dem amtierenden Vize-Fraktionschef Leo Müller (61) nachgesagt. Der Luzerner gilt als kompetent.

«Leo Müller ist ein motivierter und seriöser Schaffer, er soll das Amt übernehmen», meint etwa Nationalrat Alois Gmür (64, SZ). «Als Vize sehe ich in diesem Fall Ständerat Pirmin Bischof», so Gmür. Das Fraktionspräsidium und das Vizepräsidium werden in der CVP traditionell zwischen Ständerat und Nationalrat aufgeteilt.

Und was meint Müller selber? Gegenüber BLICK will er sich zwar nicht festlegen, doch er signalisiert Interesse: «Das Amt des Vizepräsidenten macht mir Freude. Sonst würde ich das nicht machen», so Müller. Er glaubt ausserdem nicht, dass der neue Fraktionschef aus dem Ständerat kommen muss – dort, wo die CVP eine Macht ist. «Die anderen Fraktionschefs politisieren auch alle im Nationalrat», so Müller.

«Frisches Gesicht»

Doch in der CVP gibt es auch Kritik an Müller. Es sei jetzt Zeit für ein «frisches Gesicht», meinen viele. Müller sei mit seinen 61 Jahren nicht der geeignete Nachfolger von Lombardi. Zudem fehlten ihm die nötigen Sprachkenntnisse. Und er gilt manchen als zu weit rechts verortet.

So lässt sich etwa auch ein Tweet von CVP-Nationalrat Christian Lohr (57, TG) deuten: «Die neue Bundeshausfraktion ‹Die Mitte› braucht einen neuen Fraktionschef, der politisch offen und reif agiert. Es muss jemand sein, der wirklich aus der Mitte kommt!», fordert er.

Für frischen Wind sorgen könnte Nicolo Paganini (53). Er wird gleich mehrfach als möglicher Kandidat ins Spiel gebracht. Der St. Galler Nationalrat und Olma-Direktor war in seinem früheren Wohnkanton Thurgau CVP-Fraktionspräsident im Kantonsrat. Paganini weiss somit, wie man eine Fraktion führt.

Ein weiterer Kandidat ist der Solothurner CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt (43). Als Präsident der christlich-sozialen Vereinigung gehört er zum linken CVP-Flügel. Er lässt noch offen, ob eine Kandidatur für ihn in Frage kommt.

Geschlecht ist zweitrangig

Und was ist mit den Frauen? Braucht es nun ein weibliches Gesicht neben Präsident Gerhard Pfister (57)? Nicht zwingend, so die breite Meinung.

Sollte aber doch eine Frau zum Zug kommen, hat die Baselbieter Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (55) durchaus Chancen. Auch sie hat bereits Erfahrung als CVP-Fraktionschefin im Baselbieter Landrat. Und sie hat mit ihrer Bundesratskandidatur gezeigt, dass sie nach höheren Ämtern strebt.

«Altgediente Hasen» unerwünscht

Es gibt in der Parteizentrale aber auch die Meinung, jemand aus dem Stöckli müsse das Fraktionspräsidium übernehmen: die beiden Ständerätinnen Andrea Gmür-Schönenberger (55, LU) oder Brigitte Häberli-Koller (61, TG). Letztere hat der CVP bereits früher als Vize-Fraktionschefin gedient. Für eine allfällige Übergangslösung zeigt sie sich offen.

Doch sie macht klar: «Die altgedienten Hasen sollten nun nicht in die Bresche springen müssen. Für mich steht die jüngere Generation im Vordergrund.» Und anders als die Parteizentrale meint sie gar, der neue Fraktionschef solle im Nationalrat politisieren. «Denn dort geht die Post ab.»

Dass erneut ein Ständerat zum Zug kommt, ist allerdings nicht ausgeschlossen. So amtiert der Solothurner Pirmin Bischof (60) als Gruppenchef der CVP-Ständeräte. Auch der Bündner Stefan Engler (59) kommt für den Posten in Frage. Der Ständerat lässt sich jedoch noch nicht in die Karten schauen.

CVP will bald entscheiden

Schon am Dienstag trifft sich der Fraktionsvorstand und am Freitag die gesamte Fraktion. Dann dürfte auch die Lombardi-Nachfolge thematisiert werden. Bis die CVP einen neuen Leader im Bundeshaus gefunden hat, steht Vize-Fraktionschef Leo Müller bereit. Er wird einspringen – und je nachdem gleich bleiben.

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