Doris Leuthard (52) war gewarnt – von Konrad Graber (56) selbst: «Als sie 2010 das Verkehrs- und Energiedepartement übernahm, habe ich ihr in Aussicht gestellt, sie bei allem zu unterstützen», erinnert sich der Luzerner CVP-Ständerat. In zwei Dossiers aber habe er Leuthard seine Opposition angekündigt: falls sie ein neues AKW bauen wolle – oder einen zweiten Gotthard-Strassentunnel.
Genau die zweite Röhre möchte seine Parteikollegin jetzt bauen lassen. Voraussichtlich im Februar 2016 stimmt das Volk über die Vorlage ab.
Und Graber hält – wie angedroht – dagegen. Als Co-Präsident führt er seit dieser Woche ein kleines Komitee von CVP-, FDP-, GLP- und EVP-Mitgliedern an – sehr zur Überraschung der CVP. Sie kritisiert ihn dafür harsch.
Der sonst stramm bürgerliche Politiker plötzlich auf Seiten der Linken? Graber scheint der Vorwurf nichts auszumachen. «Auch wenn es meine Seite nicht gerne hört. Es gibt kein einziges Argument, das für den Ausbau spricht.»
Seine Kritik hat auch persönliche Gründe. Der Krienser wohnt nahe der A2 Basel–Chiasso. Er kennt die Verkehrsprobleme der Agglomeration Luzern. «Niemand an den Transitrouten will noch mehr Verkehr.»
Diesen soll es aber laut Leuthard und den anderen Befürworten gar nicht geben. Der Alpenschutzartikel verbiete eine Kapazitätserweiterung am Gotthard, sagen sie.
Graber glaubt nicht daran: «Wer darauf zählt, dass die EU zulassen würde, dass die beiden Röhren weiter nur einspurig betrieben werden, glaubt gleichzeitig an den Storch, den Osterhasen und ans Christkind.»
Am liebsten spricht der Finanzpolitiker aber über das Geld des 2,8 Milliarden Franken teuren Projekts: «Diese Mittel für den Gotthard werden bei einem notwendigen Ausbau der Strassen in den Agglomerationen fehlen.»
Ein anderer Punkt könnte Graber und seinem Lager helfen. Im kommenden Frühjahr wird die 20 Milliarden teure Neat eröffnet – 1998 sagte das Volk Ja dazu. Wichtiges Argument: Dank des neuen Bahntunnels brauche es keine zusätzliche Strassenröhre.
Sicher ist: Mit Gegner Graber wird die Gotthard-Abstimmung für Leuthard keine Spazierfahrt.