Also doch: Neben der EVP gesellt sich auch die BDP zur CVP in die Mitte-Fraktion. Einer Kooperation mit den Christdemokraten hatte BDP-Gründungspräsident Hans Grunder (63) Mitte Februar im BLICK noch eine Absage erteilt: «Unter Gerhard Pfister hat sich die Partei in eine andere, konservative Richtung entwickelt. Solange er am Ruder ist, wird es keine Annäherung geben.»
Doch nach ihrer grossen Wahlniederlage brauchte die BDP eine starke Schulter – und jetzt ist es eben doch diejenige Pfisters (57). Obwohl formal CVP-Ständerat Filippo Lombardi (63) die Fraktion leitet, steigt damit der CVP-Präsident endgültig zum starken Mann in der politischen Mitte auf.
Lombardi ist auf dem Absprung
Sowieso muss Lombardi am 17. November erst noch die Wiederwahl in den Ständerat schaffen. Doch auch wenn der Tessiner diese Hürde nimmt, könnte sich die CVP bald nach einem neuen Fraktionschef umsehen müssen. Lombardi will nicht mehr ewig Fraktionspräsident bleiben. Ungewiss ist, ob er jetzt schon sein Amt zur Verfügung stellt oder erst in zwei Jahren.
Bereits jetzt ist aber klar, aus welcher Parlamentskammer der Lombardi-Ersatz kommen muss: aus dem Stöckli. Denn die CVP wird auch nach den zweiten Wahlgängen im Ständerat eine Macht sein. Und die Standesvertreter nehmen bei den Christdemokraten eine Sonderstellung für sich in Anspruch. «Unsere Ständeräte halten sich für etwas Besseres», sagen CVP-Nationalräte. Anders als die Ständeräte anderer Parteien gehen jene der CVP beispielsweise nicht mit den Nationalräten – dem «Fussvolk» – zum Fraktionsessen. Die noblen CVP-Ständeräte speisen unter sich.
Vonlanthen oder Gmür
Darum ist klar: Es braucht wieder einen CVP-Ständerat, um seinesgleichen mit an Bord zu haben. Und schaut man sich unter den Christdemokraten im Stöckli um, drängen sich nur zwei Personen auf: Beat Vonlanthen (62) und Andrea Gmür-Schönenberger (55).
Der frühere Freiburger Regierungsrat Vonlanthen bringt nicht nur die notwendigen Sprachkenntnisse mit, ihm wird das Amt auch von seiner integrativen Art her zugetraut. Er muss am Sonntag aber als Ständerat wiedergewählt werden.
Für Gmür-Schönenberger sprechen ebenfalls nicht nur ihre Sprachkenntnisse. Es machte sich zudem gut, wenn eine Frau an die Spitze der Mitte-Fraktion käme. Allerdings wurde die Luzernerin erst gerade vom Nationalrat in den Ständerat gewählt. Sie böte sich deshalb vor allem an, wenn Lombardi erst in zwei Jahren ginge. Doch ausgeschlossen ist es nicht, dass sie schon jetzt an die Fraktionsspitze rückt. Denn Gmür-Schönenberger ist nicht irgendwer. Bereits ihr Vater war Ständerat: der St. Galler Jakob Schönenberger (1931–2018). Zudem ist ihr Schwager der Basler Bischof Felix Gmür (53) – in der CVP sicher auch kein Hindernis.
Union und Amherd plus 1
Manche Mittepolitiker hoffen zudem, dass der Schulterschluss zwischen CVP, EVP und BDP über die gemeinsame Fraktion hinausgeht. Sie möchten alte Pläne zur Bildung einer Union nach dem deutschen Vorbild von CDU und CSU wieder hervorholen. Als BDP und CVP schon einmal solche Ideen wälzten und damals noch mit der GLP flirteten, ging es nicht bloss darum, sich als politische Kraft in der Mitte zu etablieren. Sie hatten auch das Ziel, ihre zwei Bundesratssitze abzusichern. Neben Viola Amherd (57, CVP) wieder einen zweiten Mitte-Bundesrat zu erhalten, bleibt auch jetzt das Fernziel.