Bisher gebe es zwar kaum grössere Ausbrüche in Schulen. Und es sei noch unklar, wie stark die Übertragung von der Schule in die Gesellschaft gehe oder umgekehrt, sagte Tanner in einem Interview mit der «Sonntagszeitung». Gesichert sei jedoch, dass sich Jugendliche genauso infizieren wie Erwachsene. Und eine neue Untersuchung in Genf zeige, dass auch jüngere Kinder eine etwa gleich hohe Infektionsrate haben wie die Erwachsenen in ihrer Umgebung.
«Das ist ein sehr wichtiger Befund. Das zeigt, wenn die Übertragung allgemein hoch ist, sind die Kinder nicht ausgenommen. Weil sie das Virus offenbar vor allem in der Familie erwerben.»
In der neuen Situation mit dem mutierten Virus sei des deshalb zwingend, dass die Teststrategie überdacht werde, so Tanner. «Wir müssen vermehrt ganze Klassen oder gar Schulen durchtesten, wenn Fälle auftauchen.» Es gebe unterdessen ganz einfache Speicheltests. «Die Kantone könnten diese Möglichkeiten zum Beispiel bei Primarschulen einsetzen.»
Eine Schliessung der Primarschulen empfiehlt Tanner vorerst nicht. «Es gibt ein Recht auf Bildung. Und während ein Restaurant für den Schaden, den Massnahmen verursachen, entschädigt werden kann, ist das nicht möglich, wenn bei der Bildung der Kinder und Jugendlichen ein Defizit und soziale Langzeitfolgen entstehen.»
Deshalb sollte die Bildung in der Grundstufe mit Präsenzunterricht gesichert sein, sagte der Experte. Sollten die Fallzahlen aber mit dem mutierten Virus so stark zunehmen wie in England, müsste man auch das überdenken.
Für Gymnasiasten und Berufsschüler dagegen fordert Tanner so schnell wie möglich wieder Fernunterricht. «Alles andere wäre aus wissenschaftlicher Sicht falsch. Schüler der Sekundarstufe sind im Gegensatz zu den Grundstufenschülern zum Beispiel im öffentlichen Verkehr oder in der Mittagspause in den Läden. Es ist jetzt aber ganz wichtig, Kontakte und damit Mobilität zu reduzieren.» (SDA)