Braucht es jetzt neue Massnahmen?
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Corona-Zahlen steigen:Braucht es in der Schweiz jetzt neue Massnahmen?

Taskforce-Vizepräsidentin warnt
«Könnten heftigere Welle erleben als im Herbst 2020»

Die Corona-Ansteckungen in der Schweiz nehmen rasant zu. Die Szenarien der wissenschaftlichen Taskforce werden düster. Nun regt deren Vizepräsidentin eine Anpassung des Covid-Zertifikats an.
Publiziert: 20.07.2021 um 13:33 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2021 um 19:46 Uhr
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Die Covid-Pandemie füllt die Spitalbetten zurzeit kaum mehr.
Foto: Keystone
Ladina Triaca

All diejenigen, die sich auf einen unbeschwerten Sommer gefreut hatten, dürften enttäuscht sein. Nach den starken Regenfällen in den letzten Tagen spannt sich auch die Corona-Lage zunehmend an. Die Behörden gehen davon aus, dass sich die Ansteckungen von nun an wöchentlich verdoppeln werden. «Es ist gut möglich, dass wir die Schwelle von 1000 Neuinfektionen pro Tag noch diese oder nächste Woche überschreiten», sagte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag vor den Medien.

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Was die steigenden Fallzahlen für die Spitäler bedeuteten, sei noch offen. Im Moment bewegten sich die Hospitalisationen lediglich im einstelligen Bereich. Allerdings könne man für eine Verschärfung der Massnahmen nicht zuwarten, bis der vom Bundesrat aufgestellte Richtwert von 120 täglichen Spitaleinweisungen erreicht sei. «Bremsen müssen wir auf jeden Fall vorher», sagt Mathys. Sonst drohe eine Überlastung der Spitäler.

Viele Nicht-Immune

Pessimistisch zeigte sich auch die Vizepräsidentin der wissenschaftlichen Taskforce, Samia Hurst. Sie warnte davor, lediglich auf die momentan tiefe Zahl der Spitaleinweisungen zu schauen. «Die Impfung verringert zwar den Anteil Infizierter, die ins Spital eingeliefert werden müssen», sagte sie. «Aber die Impfung verhindert nicht, dass die Hospitalisationen plötzlich mit grosser Geschwindigkeit zunehmen können.»

Denn im Moment gäbe es in jeder Altersgruppe einen beträchtlichen Anteil Nicht-Immuner. Wenn sich diese ansteckten, könne die Anzahl Kranker, Hospitalisierter und Toter auf ein ähnliches oder gar höheres Niveau steigen, als bisher in dieser Pandemie erreicht wurde. «Wir könnten in der Schweiz nochmals eine heftigere Welle erleben als im Herbst 2020.»

Veranstaltungen nur für Geimpfte und Genesene?

Um im Fall einer grossen vierten Welle die Ansteckungen zu minimieren, kann sich die Wissenschaftlerin auch eine Anpassung des Covid-Zertifikats vorstellen. Heute können Geimpfte, Genesene und Getestete ein solches beantragen. Dieses System berge wegen der Getesteten aber insbesondere für grössere Veranstaltungen Risiken, kritisierte Hurst. «Je stärker die Fallzahlen steigen, desto mehr steigt auch das Risiko, dass eine negativ getestete Person in Wahrheit ansteckend ist.»

Um solche falsch negativen Tests auszuschliessen, regt Hurst einen Immunitätsausweis an, der nachweist, ob jemand geimpft oder genesen ist. Bloss Getestete könnten so von Konzerten oder Fussballspielen ausgeschlossen werden.

Ein «Schweizer Utrecht» verhindern

Beim Bund ist man sich des Risikos von falsch negativen Tests bewusst. «Personen, die getestet an einen Anlass gehen, sind nicht immun», sagte Patrick Mathys vom BAG. Es sei ein politischer Entscheid gewesen, dass auch Getestete mittels Zertifikat an Anlässen teilnehmen könnten – schliesslich gebe es auch Menschen, die sich nicht impfen lassen könnten.

Ein Techno-Festival Anfang Juli in Utrecht hat gezeigt, was passieren kann, wenn Menschen mit falsch negativem Test oder einem gefälschten Zertifikat an einem Anlass teilnehmen. Von den 20'000 Teilnehmenden infizierten sich über 1000 mit dem Virus. Das Festival verwandelte sich in einen Corona-Hotspot – obwohl nur Menschen mit Zertifikat auf dem Gelände zugelassen waren.

Experten-PK des Bundes zu Corona vom 20.07.2021


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