Die Abstimmung über das CO₂-Gesetz könnte knapp ausfallen. Noch ist unklar, wer am 13. Juni zu den Siegern zählen wird, aber eine Partei hat wohl bereits verloren: die FDP.
Kurz vor dem Urnengang sind die Reihen des Freisinns nicht geschlossen. Am Dienstag sah eine Tamedia-Befragung eine Mehrheit der Basis sogar im Nein-Lager. Anfang Mai hatte eine Erhebung des GFS Bern den Anteil jener freisinnigen Wähler, die bestimmt oder eher gegen das Gesetz sind, noch auf 46 Prozent veranschlagt.
Beide Werte sind für die Parteispitze ein Problem, denn sie kämpft mit voller Kraft für ein Ja zum CO₂-Gesetz. Vertreter der FDP waren es auch, die den zur Abstimmung stehenden Kompromiss im Parlament entscheidend prägten – ein Tatbeweis für die ökologische Wende, die Präsidentin Petra Gössi der FDP im Wahljahr 2019 verpasst hatte. So geht es am 13. Juni eben nicht nur darum, ob die FDP eine Abstimmung gewinnt oder nicht, sondern ob das Parteivolk der Spitze in dieser zentralen Frage noch folgt.
Den Berner Nationalrat Christian Wasserfallen (39, FDP) überraschen die jüngsten Umfragen nicht: «Das CO₂-Gesetz ist geprägt von Umverteilung, Bürokratie und missratenen Massnahmen, die bei Freisinnigen offensichtlich nicht ankommen.»
Während die Basis die neue Strategie absegnete, kritisierte Wasserfallen den Umwelt-Kurswechsel der Partei schon vor zwei Jahren: «Bei konkreten Fragestellungen an der Urne ergeben sich oftmals andere Mehrheitsverhältnisse als bei grundlegenden Stimmungsbefragungen», sagt er heute. Für den Freisinn gebe es da wenig zu holen: «Beim Klimathema gewinnen nur jene Parteien etwas, die das Wort ‹grün› im Namen tragen. Selbst die SP, die im linken Lager seit Jahrzehnten den Ton in der Umweltpolitik angibt, verliert. Und wer gewinnt Wähleranteile hinzu? Die Grünen und die GLP.»
FDP zittert
Die FDP-Führung ist zunehmend nervös: «Ein Nein bringt die FDP in eine äusserst schwierige Position und hätte eine Strahlkraft bis und mit den nächsten Wahlen», zitiert der «Nebelspalter» aus einem internen Memo. Nun fordert die Partei ihre «Aushängeschilder auf nationaler oder kantonaler Ebene» auf, unter «persönlichem Einsatz im Umfeld und in den Medien die Notwendigkeit dieses Gesetzes aufzuzeigen».
Im «Tages-Anzeiger» kündigte Gössi derweil eine Inserate-Kampagne an. «Keine Partei ist in allen Sachfragen stets geschlossen. Da ist die FDP keine Ausnahme», sagt die Parteichefin. Aber nach mehr als einem Jahr Corona bemerke sie in manchen Reaktionen der Basis eine «grosse Konsternation gegenüber dem Staat». Hier diene das CO₂-Gesetz offenbar als Ventil.
Gössi ist sich nicht sicher, ob der Nein-Anteil in der FDP tatsächlich so gross ist, wie die Umfragen zeigen. «Schliesslich sagen unsere Delegierten und bis anhin 20 Sektionen Ja zum neuen CO₂-Gesetz. Umso mehr müssen wir auch unseren Sympathisanten erklären, wie das CO₂-Gesetz mit Kostenwahrheit und Verursacherprinzip funktioniert.»
Nun gelte es, der Basis aufzeigen, dass die Vorlage kein linkes Gesetz sei. Die Parteichefin: «Es ist ein Kompromiss, mit starken liberalen Elementen.»
Für diesen Effort bleiben der Partei noch genau drei Wochen.