Clemens S. (27) gehöre ausgeschafft, finden SP-Galladé und SVP-Rickli
Prügel-Deutscher vereint links und rechts

Die Zürcher Justiz gewichtet im Fall Clemens S. die Personenfreizügigkeit höher als die Ausschaffungsinitiative und macht den Volkswillen damit zum Papiertiger. Der Entscheid stösst bei SP und SVP auf Unverständnis.
Publiziert: 13.10.2017 um 13:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2019 um 15:59 Uhr
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Wird nicht ausgeschafft: Der Prügel-Deutsche Clemens S.
Cinzia Venafro und Viktor Dammann

Bei diesem Prügel-Deutschen sind sich sogar politische Erzfeinde einig. Clemens S. habe nichts mehr zu suchen in der Schweiz. «Ich sehe nicht ein, warum man diese Person nicht ausschafft. Das ist eine völlig missbräuchliche Auslegung der Personenfreizügigkeit», enerviert sich SP-Nationalrätin Chantal Galladé (44).

Dieser Mann habe wiederholt keinen Respekt vor der körperlichen Integrität gezeigt. Und er sei ja kein kaugummiklauender Jugendlicher, der sein Heimatland nicht kenne. Also sei auch die Härtefallklausel, für die Galladé einst kämpfte, sicherlich nicht anzuwenden. Das Volk habe die Ausschaffungsinitiative angenommen. Galladé: «Jetzt wird der Volkswille mit diesem Urteil missachtet!»

Rickli: «Ein Affront gegenüber dem Volk»

Gleicher Meinung ist SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (40): «Das scheint mir ein politisches Urteil des Obergerichts und ein Affront gegenüber Volk und Parlament, welches das Gesetz zur Ausschaffungsinitiative ausgearbeitet hat», sagt die Winterthurerin.

Mit ihrer Argumentation ist sie freilich nicht auf Galladés Linie: Der Fall des deutschen Schlägers Clemens S. (27) zeige exemplarisch, wie wichtig es sei, «dass wir unser eigenes Recht gegenüber internationalem Recht durchsetzen müssen». 

Rickli stichelt: «Wieso kann man diesen Mann nicht nach Deutschland abschieben? Ich sehe keinen Anhaltspunkt für einen Härtefall, die Sprache wird er ja wohl beherrschen.»

Und auch bei der FDP kritisiert man das Urteil des Zürcher Obergerichts: «Das Gericht hätte anders entscheiden können», sagt Nationalrat Andrea Caroni (FDP/AR). Der Freisinnige verweist auf das «pfefferscharfe Umsetzungsgesetz» der Ausschaffungsinitiative. Dieses biete die rechtliche Grundlage, diesen Mann auszuschaffen

Jurist Caroni fachsimpelt: «Hier kann die sogenannte ‹Schubert-Praxis› angewandt werden. Diese sieht vor, dass wir Verträge zwar grundsätzlich einhalten, das Parlament aber die Möglichkeit behält, ein Gesetz – also hier die gesetzliche Umsetzung der Ausschaffungsinitiative – höher zu gewichten als einen völkerrechtlichen Vertrag – also hier die Bilateralen.» 

FDP-Caroni kontert SVP-Initiative

Würde denn die Selbstbestimmungsinitiative der SVP etwas an der Rechtslage ändern? Rickli ist überzeugt: «Mit unsere Initiative können wir das korrigieren.» Caroni kontert: Auch der SVP-Vorstoss würde bei Clemens S. nichts ändern. Sie betreffe das Verhältnis des Bundesgesetzes zur Personenfreizügigkeit nicht direkt. «Jedoch würde die Initiative in solchen Fällen in Richtung Kündigung der Bilateralen drängen.»

Der Tessiner Ständerat Fabio Abate (FDP/51), Präsident der Kommission für Rechtsfragen, will aus Clemens S. jetzt einen Präzedenzfall machen: «Ich erwarte, dass der Staatsanwalt Beschwerde einreicht, sodass das Bundesgericht einen Grundsatzentscheid für diesen Sachverhalt fällt.»

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