Churer Regierung hält sich nicht an Lohndeckel
Stadtrat Schamlos

Obwohl das Stimmvolk einen Lohndeckel beschlossen hat, genehmigt sich die Churer Stadtregierung bis zu zehn Prozent mehr.
Publiziert: 14.08.2016 um 11:52 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 21:42 Uhr
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Urs Marti (49, FDP): Der Stadtpräsident erhält 245000 Franken Lohn. Alles sei immer transparent gewesen, sagt er.
Foto: Patrick Jauch
Sermîn Faki

Am 5. Juni sagten 62 Prozent der Churerinnen und Churer Ja zur Initiative «200'000 Franken sind genug». Sie fordert, dass die drei Mitglieder der Stadtregierung je 200'000 Franken Jahresgehalt bekommen. Der Stadtpräsident erhält zusätzlich 30'000 Franken Präsidialzulage.

Die Regelung tritt 2017 in Kraft. Doch wer glaubt, dass FDP-Stadtpräsident Urs Marti (49) ab dann nur noch 230'000 Franken und seine beiden Mitstreiter je 20'0000 Franken verdienen, wird enttäuscht.
Im Rahmen einer Gebietsreform, welche die über 150 Jahre alten Bündner Kreise durch Regionen ersetzt, hat die Stadt Chur im Auftrag der Region Plessur die Aufsicht über das Zivilstandsamt, das Betreibungs- und Konkursamt sowie die Berufsbeistandschaft übernommen.

Die Aufsicht über die drei Ämter haben die drei Stadträte untereinander aufgeteilt – und sich dafür im November 2015 jeweils einen Zusatzlohn von 15'000 respektive 20'000 Franken pro Jahr genehmigt. Das Geld kommt von der Region, die zu 86 Prozent aus Steuergeldern der Stadt Chur finanziert wird.
Beath Nay (47), Urheber der Lohndeckel-Initiative, ist empört: «Wie kann es sein, dass sich die Exekutive selbst den Lohn erhöht – für eine Aufsichtspflicht, die sie ohnehin wahrnehmen muss?», fragt er. Und fordert: «Das muss rückgängig gemacht werden!»

Dazu ist der Stadtrat nicht bereit. «Wir haben uns nie um diese Zusatzaufgabe gerissen», sagt Stadtpräsident Marti. «Dass wir sie nicht gratis übernehmen, war klar und immer transparent.» Das Gemeindeparlament habe die Regel, dass Einkünfte aus politischen Mandaten der Stadträte nicht in die Gemeindekasse fliessen, gutgeheissen. Ebenso das Budget. Auch die Stimmbürger seien auf die Zusatzentschädigung hingewiesen worden. «Wir können das gern wieder rückgängig machen», sagt er. Dann werde eben jemand für diese Aufgabe eingestellt. «Das kostet sicher mehr als 50'000 Franken.»

Arbeitsrechtsprofessor Thomas Geiser (63) findet das Vorgehen der Churer Stadtregierung «sehr ungeschickt».

Zwar handle es sich um eine Zusatzaufgabe, «allerdings um eine, die mit dem Amt des Stadtrats verbunden ist», sagt er. Dass dies zusätzlich entschädigt werde, sei keineswegs zwingend oder logisch. «Das würde ja auch heissen, dass aus jeder Zusammenlegung von Ämtern höhere Cheflöhne resultieren müssten.» Geiser ist überzeugt, dass Bürger, die gegen die Churer Exekutive klagen würden, «durchaus Chancen auf Erfolg hätten».

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