Auf die grosse Krawallnacht rund um die Reitschule folgte gestern die grosse Redeschlacht im Berner Stadtparlament. Dabei zeigte sich rasch: Die Reitschule bleibt der heilige Tempel der Berner.
Einzig die SVP, welche die Sonderdebatte beantragt hatte, forderte die sofortige Schliessung der Reithalle. «Das linke Auge ist blind in dieser Stadt Bern», wetterte Stadt- und Nationalrat Erich Hess. SVP-Fraktionschef Alexander Feuz bezeichnete die Reithalle als «logistische Basis» der Chaoten. «Wir verlangen die sofortige Schliessung und die Kündigung der Leistungsverträge.»
Reitschule als Opfer der Geschehnisse
Allerdings: Auf das Reitschule-Bashing der SVP mochten die anderen Parteien nicht wirklich einsteigen. Wenn, dann wurden die Reitschule-Betreiber eher in Schutz genommen. Sie hätten mit der Polizei kooperiert. Die Reitschule sei selber Opfer der Geschehnisse. «Die gewalttätigen Idioten schaden der Reitschule», sagte etwa BDP-Sprecher Philip Kohli.
So stand mehr der Gewaltextremismus in der Stadt Bern zur Diskussion. Diesbezüglich waren sich die Politiker weitgehend einig: Die Gewaltauswüchse wurden von links bis rechts verurteilt. Auch Stadtpräsident Alec von Graffenried macht deutlich: «Im Gemeinderat gibt es null Verständnis für die Gewaltexzesse!»
Kritik an Polizeistrategie
Aus dem links-grünen Lager gab es aber auch Stimmen, welche die Polizeistrategie – nämlich die Einkesselung der Chaoten im Bereich der Schützenmatte – in Frage stellten. «Deeskalation muss wieder in den Vordergrund rücken», sagte Juso-Vertreterin Tamara Funiciello. «Ich habe den Anspruch, dass sich Polizisten besser benehmen als Chaoten.»
Die Linke rief auch dazu auf, die Problematik der Wohnungsnot in der Stadt Bern und die Zwischennutzung von leerstehenden Liegenschaften stärker anzugehen. An der Zwangsräumung eines besetzten Hauses hatte sich der Konflikt nämlich entzündet.
Redeverbot für Sicherheitsdirektor
Zur Posse wurde die Debatte übrigens ganz am Schluss: Weil Stapi von Graffenried die zehnmütige Redezeit des Gemeinderats vollständig für sich beansprucht hatte, verweigerte der Parlamentspräsident danach Sicherheitsdirektor Reto Nause das Wort.