Es war der Slogan des Freisinns in diesem Jahrzehnt: «Aus Liebe zur Schweiz». Die vier geflügelten Wörter prangten seit dem 5. Dezember 2010 auf FDP-Plakaten, standen in Positionspapieren und bildeten den Abschluss praktisch jeder Medienmitteilung. Besonders strebsame Politiker verwendeten die offizielle FDP-Devise auch in Voten und Interviews.
Kritik und Häme
Andere Freisinnige sahen darin die Wurzel allen Übels. So gab ein Thurgauer Freisinniger dem Slogan eine Mitschuld am Sitzverlust bei den Nationalratswahlen 2011. Auch Ex-FDP-Präsident Franz Steinegger (75) meinte damals: «Die ewige Liebe der Wähler kann man sich damit bestimmt nicht sichern.»
Der ehemalige Regierungsrat Christian Wanner (71) fühlte sich an einen «Werbeprospekt für Kühlschränke erinnert». Und alt Bundesrätin Elisabeth Kopp (82) nannte den Leitsatz eine «banale Selbstverständlichkeit».
Eine Banalität, welche die politische Konkurrenz der FDP umso genüsslicher bei jeder Gelegenheit um die Ohren haute: Die Juso gestaltete sogar ein Fake-Wahlplakat mit der Aufschrift: «Kahlschlag bei der Bildung, Milliarden für Kampfjets. Aus Liebe zur Schweiz.»
Motto landet in der Mottenkiste
Nun wanderte das Motto in die Mottenkiste. Die FDP hat ihren Leitsatz klammheimlich gestrichen. In ihren Medienmitteilungen ist er seit Ende September nicht mehr zu finden. Stattdessen heisst es nun überall: «Gemeinsam weiterkommen». Ein klammheimlicher Liebesentzug also!
Ist das clever oder begibt sich die FDP damit ihm Wahljahr auf Abwege? Die bürgerliche Konkurrenz von der SVP jedenfalls marschiert in die entgegengesetzte Richtung. Im neuen Parteiprogramm hat sie der Heimatliebe ein eigenes Kapitel gewidmet. In «Wir sind Heimat» beschwören Präsident Albert Rösti (51) und seine Mitstreiter Berge, Seen, Täler, das frische Trinkwasser, das knuspriges Brot, den Cervelat, ja sogar das «Aromat».
Pelli verlor mit der Liebe, Müller gewann
Bei der FDP ist damit Schluss. Eingeführt hatte den Slogan «Aus Liebe zur Schweiz» der frühere FDP-Wahlkampfleiter Vincenzo Pedrazzini (58). 2011 (unter Parteichef Fulvio Pelli) und 2015 (unter Präsident Philipp Müller) setzte er jeweils darauf. Die erste Wahl ging verloren, die darauf folgende gewann die FDP.
«Der Slogan war nicht schlecht, wir haben damit schliesslich die Trendwende geschafft», sagt Pedrazzini. Der Abschied davon fällt ihm trotzdem nicht schwer. Schmunzelnd meint er: «Ich bin der Letzte, der an alten Zöpfen hängt.»
«Heimat» als zentrales Element
Und was sagt Parteichefin Petra Gössi (42)? Liebt sie die Schweiz etwa nicht mehr? «Natürlich lieben wir unsere Heimat immer noch und werden das noch stärker als bisher zum Ausdruck bringen», winkt sie ab.
Der Slogan «Aus Liebe zur Schweiz» habe sehr gut funktioniert und den Grund für das politische Engagement zum Ausdruck gebracht: «die Liebe zu unserem Land». Deshalb habe die FDP den Slogan letzten Herbst in ihrer Vision für eine liberale Schweiz integriert, «indem wir den Begriff ‹Heimat› als zentrales Element definiert haben».
Doch für den Wahlkampf 2019 gilt nun der neue Slogan «Gemeinsam weiterkommen» – und so wird dieser auch an der Delegiertenversammlung vom Samstag in Biel zu sehen sein. Die Idee dahinter: «Wir machen Politik von Menschen für Menschen», so Gössi. «Diese Botschaft wird sofort verstanden.»