An der öffentlichen Veranstaltung des Europa Forums Lucerne sprach Bundesrat Ignazio Cassis zur Lage der Schweizer Europapolitik. «Wir stehen im Herzen Europasund sind intrinsisch mit unseren Nachbarländern verbunden», begründete er die Wichtigkeit des Verhältnisses.
Anhand der Handelsbeziehungen mit der EU unterstrich er seine Aussage: So setze die Schweiz an einem Tag beispielsweise gleich viel mit der EU um, wie in einem ganzen Jahr mit Südafrika. Und selbst das Handelsvolumen mit Bayern und Baden Württemberg (46,7 Milliarden Franken) übertreffe jenes mit China (44 Milliarden Franken). Die Schweiz sei auf der anderen Seite aber auch ein wichtiger Handelspartner für die EU.
Qualität steht vor Timing
Der Bundesrat will nun den seit Jahren bewährten bilateralen Weg konsolidieren und ausweiten. Noch fehlt allerdings das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. In drei Punkten will die Schweiz Klärungen: Beim Lohnschutz, der Unionsbürgerrichtlinie sowie staatlichen Beihilfen.
«Der Abschluss kommt aber nur dann zustande, wenn zufriedenstellende Lösungen gefunden werden», sagt der 58-jährige Tessiner. Dabei stehe die Qualität vor Timing. So brauche es einen Konsens im Inland, sowie den Einbezug der Sozialpartner und Kantone. Scheitern würde das Ganze, wenn im Mai die Begrenzungsinitiative angenommen würde. Dies wäre das Ende des Bilateralen Wegs. «Wir müssten uns neu erfinden», sagte Cassis.
Kontakt zu EU-Ländern etwas vernachlässigt
Aussenpolitisch arbeitet Cassis derzeit daran, ein positives Klima zu schaffen, eine Eskalation zu vermeiden und rasch mit der EU-Kommission in Kontakt zu treten. Es brauche nicht nur den Kontakt zu den Nachbarländern. «Das haben wir bisher etwas vernachlässigt», gestand er ein.
Um die Kontakte zu intensivieren, hat Cassis in den vergangenen Monaten zahlreiche persönliche Auftritte im In- und Ausland wahrgenommen – und auch Ländern wie Griechenland oder Zypern einen besseren Einblick in die Beziehung Schweiz-EU gegeben.
Brief an von der Leyen
Bereits hat die Regierung auch mit der neuen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Kontakt aufgenommen. «Wir haben ihr einen Brief geschrieben, wir hoffen, bald von ihr zu hören», sagte Cassis.
Dass es das institutionelle Rahmenabkommen brauche, steht für den Aussenminister ausser Frage, auch wenn die Beziehung der Schweiz zur EU von aussen oft als gar nicht schlecht wahrgenommen wird. Cassis vergleicht es mit einer App auf einem Smartphone: «Hin und wieder braucht sie ein Update, sonst funktioniert sie irgendwann nicht mehr.»