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Cassis zu Pilatus-Demo an Bundesratsreisli
«Ich bin kein König und kann Gesetze nicht einfach ändern»

Pilatus darf keine Dienstleistungen mehr in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten anbieten. Dieser Entscheid führte während der Bundesratsreise in Stans NW zu einer Demo. SVP-Maurer und FDP-Cassis beschwichtigen.
Publiziert: 05.07.2019 um 14:34 Uhr
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Aktualisiert: 15.01.2021 um 11:54 Uhr
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Mussten sich an der Bundesratsreise einen Rüffel wegen des Pilatus-Entscheids anhören: Bundespräsident Ueli Maurer und Aussenminister Ignazio Cassis (r.).
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Nico Menzato

Die auserwählte Ortschaft ist jeweils in Feierlaune, wenn sich der Bundesrat auf seinem traditionellen Schulreisli unter die Bevölkerung mischt. Heute Mittag in Stans NW war die Stimmung jedoch angespannt, ja zuweilen gehässig.

Grund: Der Pilatus-Entscheid. Das Aussendepartement (EDA) hat letzte Woche entschieden, dass der Nidwalder Flugzeugbauer keine Dienstleistungen mehr in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten anbieten darf. Mit ihren Dienstleistungen hätte Pilatus gegen das seit 2015 geltende Söldnergesetz verstossen.

Demo während Bundesratsreisli

Auf dem Dorfplatz kam es – für eine Bundesratsreise höchst ungewöhnlich – zu einer kleinen Kundgebung. Demonstranten hielten Transparente mit der Aufschrift «Bundesbern zerstört Arbeitsplätze» in die Höhe.

Der Nidwalder Landammann Alfred Bossard (FDP) geisselte in seiner Ansprache vor dem versammelten Bundesrat den «gravierenden Einschnitt in die Wirtschaftsfreiheit». Der Entscheid rüttle an den Grundpfeilern der Schweiz, zu denen etwa Verlässlichkeit und das Einhalten von Verträgen gehörten. Er müsse ein «ernstes Wort» mit der Landesregierung reden, sagte er.

Auch die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) ist empört: In einem Brief an den Bundesrat will sie wissen, «wie es zu diesem nach unserer Meinung verhängnisvollen Entscheid kommen konnte». Denn es gehe um mehr als Supportleistungen einer Schweizer Firma. «Aus unserer Sicht geht es um Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit, Glaubwürdigkeit und Berechenbarkeit unseres Landes», heisst es laut «Tagesanzeiger» im Brief.

Cassis gerüffelt

Vor allem der für den Entscheid verantwortlichen Aussenminister Ignazio Cassis (58) bekam heute Mittag auf dem Dorfplatz in Stans den Ärger der Nidwalder zu spüren. Zu BLICK sagt der FDP-Magistrat: «Wir haben erwartet, dass in Nidwalden Unmut herrscht wegen des Pilatus-Entscheids. Und ich verstehe diese Kritik.» Es sei nicht die Absicht des Bundesrats, diese Firma zu schwächen. Sie sei enorm bedeutend für die Zentralschweiz und die ganze Schweiz, so der FDP-Magistrat.

Aber: «Das Verbot ist das Resultat der Auslegung der Gesetze. Und ein Gesetz muss angewendet werden, auch wenn es mit anderen Bestimmungen im Widerspruch stehen kann», so Cassis. Es sei schwierig zu erklären, dass es zwar möglich sei, Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu exportieren, aber zum Teil nicht die dazugehörige Dienstleistung. Zu einem aufgebrachten Nidwalder meinte Cassis: «Ich bin kein König und kann Gesetze nicht einfach ändern.»

Pilatus zieht den Bund vor Gericht

Auch Bundespräsident Ueli Maurer (68) ging in seiner Rede auf die «atmosphärische Störung» ein. «Wir sind stolz darauf, ein solches Unternehmen wie Pilatus in der Schweiz zu haben und wir wollen weiter gegenseitig voneinander profitieren», versprach der SVP-Magistrat während wie orchestriert ein Pilatus über seinen Kopf hinweg donnerte.

Die Schweiz zeichne sich durch ihre Ausgewogenheit aus. Sie sei gezwungen, Kompromisse zu finden, so Maurer. Man werde auch bei dieser atmosphärischen Störung, die der Bundesrat weder gesucht noch provoziert habe, eine Lösung finden.

Nun sind erstmals die Gerichte am Zug: Der Flugzeugbauer zieht den Entscheid des EDA vor Bundesverwaltungsgericht. Das Kundendienstgeschäft sei für Pilatus ein wichtiges Standbein. Das vom Bund verfügte Verbot benachteilige Pilatus gegenüber anderen Flugzeugherstellern enorm, so das Unternehmen heute Morgen per Communiqué. «Angesichts der engen Verknüpfung von Verkauf und logistischem Support kommt es faktisch einem zukünftigen Exportverbot gleich.»

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