Bundesratskandidat mit radikalen Ansichten
Aeschi auf Crash-Kurs zur SRG

Erbt der radikale Billag-Gegner Thomas Aeschi den Widmer-Schlumpf-Sitz?
Publiziert: 22.11.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:09 Uhr
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Ultraliberal, ausser wenn es um die Landwirtschaft geht: Der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi.
Foto: Philippe Rossier
Von Marcel Odermatt

Es ist eines der radikalsten Volksbegehren der letzten Jahre: Die «No Billag»-Initianten wollen die SRG zerschlagen. «Staatsmedien sind in einer freien Gesellschaft unnötig», argumentieren die Befürworter. Nur ­totalitäre Regimes seien zur Aufrechterhaltung ihrer Macht und zur Manipulation der Massen auf solche Medien angewiesen. Der Leutschenbach-Sender fungiere «als Sprachrohr der Staatsmacht». Die Obrigkeit, beispielsweise die Bundesräte, würde von der TV- und Radio-Anstalt unkritisch angegangen.

Bis am 11. Dezember hat das Komitee Zeit, die 100 000 Unterschriften zusammenzubringen. Olivier Kessler (28), Chefredaktor der «Schweizerzeit» und Vater der Initiative, ist zuversichtlich, das Ziel zu erreichen.

Am Tag, wenn die Zielflagge fällt, ist einer der prominentesten Unterstützer womöglich bereits seit 48 Stunden gewähltes Mitglied der Landesregierung: SVP-Kandidat Thomas Aeschi (36). Noch Ende Oktober warb der Nationalrat an der Zuger Messe für die «No Billag»-Initiative: Stolz verkündete er auf seiner Facebook-Seite, er und seine Mitstreiter hätten an einem Wochenende 182 Unterschriften für das Anliegen zusammengebracht.

Aeschi wäre mit Sicherheit der erste Bundesrat, der die SRG abschaffen will. Die Position zeigt: Der Absolvent der US-Elite-Universität Harvard ist ein knallharter Liberaler und Staatsabbauer. Es gibt für ihn keinen Grund, warum ein Medienkonzern massgeblich mit Gebühren finanziert werden soll. Genauso wie er den heutigen Finanzausgleich zwischen den Kantonen bekämpft. Er schaffe falsche Anreize, sein Kanton Zug bezahle zu viel.

Seine ultraliberalen Positionen werden seine Wahl am 9. Dezember nicht erleichtern. Die Bundesversammlung ist traditionsgemäss auf Ausgleich bedacht. ­Nirgends ist der Fairness-Gedanke gegenüber allen Landesteilen ausgeprägter als im Bundeshaus.

Der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas (35) bringt die Bedenken vieler Parlamentarier auf den Punkt: «Für die Minder­heiten macht es Aeschi mit seinen Positionen nicht einfacher, ihn zu wählen.» Ohne Billag-Gebühren gebe es in der lateinischen Schweiz keine TV- und Radioprogramme, ohne Finanzausgleich hätten es die Randregionen in der Schweiz noch schwerer.

In der starken Parlamentsfrak­tion, die einen starken Service public befürwortet, dürfte die Skepsis gegenüber der Aeschi-Kandidatur jetzt steigen. Das erhöht die Wahlchancen des Waadtländer Weinbauern Guy Parmelin (56), der zusammen mit Aeschi und dem Tessiner Staatsrat Norman Gobbi (38) auf dem Ticket der Volkspartei ist.

Wenigstens vor einer starken Lobby in Bern muss Aeschi keine Angst haben. Bei aller Kritik am Staat: Die Bauern haben sich vor der Politik des neuen SVP-Stars nicht zu fürchten. Wie alle anderen Exponenten der Partei unterstützt er eine stark subventionierte Landwirtschaft, ohne Wenn und Aber.

Liberalismus hat eben seine Grenzen. Und bei der SVP sind das die Bauern, die in der Rechtspartei ihre Anliegen und Pfründen immer noch erfolgreich verteidigen können.

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