Pierre Maudet (39) erklärt im BLICK-Interview, wieso er für den Bundesrat kandidiert
«Die Tessiner Einerkandidatur war eine schöne Einladung»

Der Genfer FDP-Regierungsrat Pierre Maudet (39) sagt im BLICK-Interview, dass er die junge Generation im Bundesrat repräsentieren wolle. Wenn die FDP Tessin mit mehreren Kandidaten angetreten wäre, hätte er womöglich verzichtet.
Publiziert: 04.08.2017 um 18:22 Uhr
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Aktualisiert: 24.10.2018 um 13:20 Uhr
«Man spricht nur von Regionen und Geschlechtern – also quasi über einen Quoten-Bundesrat», sagt Pierre Maudet.
Foto: KEY
Interview: Nico Menzato

BLICK: Herr Maudet, wieso möchten Sie Bundesrat werden?
Pierre
Maudet: Weil ich Ideen und Inhalt in die Kampagne einbringen will. Auch weil ich meine zehnjährige Erfahrung als Exekutivpolitiker zur Verfügung stellen möchte. Die FDP ist eine Partei der Auswahl. Sie muss ihre Vielfalt präsentieren. Ich bin der pragmatische Kandidat.

Sie sind erst 39 Jahre alt. Wieso gedulden Sie sich nicht noch ein bisschen fürs höchste politische Amt?
(Lacht). Immer wenn ich kandidiere, sagen Kritiker, ich sei zu jung. Aber sehen Sie, ich werde womöglich nicht mein ganzes Leben Politik machen. Ich gehöre zu jener Generation, die mehrere Berufe im Leben ausüben. Jetzt interessiert mich das Bundesratsamt. Es ist eine spannende Zeit mit vielen Herausforderungen – etwa das Verhältnis zu Europa, Migrationsfragen oder Altersvorsorge.

Muss die junge Generation im Bundesrat stärker vertreten sein?
Ich denke ja. Fast die Hälfte der Bevölkerung in der Schweiz ist unter 40 Jahre alt. Diese Generation ist im Bundesrat nicht vertreten. Das ist nicht ideal.

Finden Sie nicht, dass das Tessin nun einen Anspruch auf einen Bundesrat hätte?
Natürlich. Wenn die FDP Tessin mit mehreren Kandidaten angetreten wäre, hätte ich womöglich verzichtet. Weil die Tessiner mit Ignazio Cassis aber nur einen Kandidaten schicken, war das für mich eine schöne Einladung zu kandidieren. Wie gesagt, die FDP soll schliesslich eine Auswahl bieten.

Auch eine FDP-Bundesrätin gab es schon lange nicht mehr.
Man spricht nur von Regionen und Geschlechtern – also quasi über einen Quoten-Bundesrat –, statt über Inhalte und die Qualitäten der Kandidaten. Das motiviert mich, über Ideen und Herausforderungen zu reden.

Dennoch sind Ihre Chancen, aufs FDP-Ticket zu kommen, gering. Weil Sie weder Tessiner noch eine Frau sind.
Ich bin sicherlich nicht der Favorit – das ist mir bewusst.

Alt Bundesrat Pascal Couchepin ist Ihr Förderer und Mentor. Hat er Sie ermuntert anzutreten?
Ich habe mit ihm gesprochen. Er war am Anfang nicht begeistert. Aber die Situation hat sich verändert, weil das Tessin nur einen Kandidaten portiert. Jetzt ist er überzeugt, dass meine Kandidatur sinnvoll ist.

Sie sind Vater von drei Kindern im Alter von sechs bis zehn Jahren. Ist Ihre Frau begeistert, dass Sie Bundesrat werden möchten?
Fragen Sie meine Frau doch grad selbst.

Gerne. Sind Sie begeistert, Frau Maudet?

Maudet mit Ehefrau Catherine.
Foto: MARTIAL TREZZINI

Catherine Maudet: Ich sage immer, es besteht ein grosses Risiko, das Pierre gewählt wird, wenn er kandidiert. Ich habe ihn immer unterstützt. Und tue das auch diesmal.

Herr Maudet, Sie seien eine konstruktive Nervensäge und ein Selbstdarsteller, sagen Personen aus Ihrem Umfeld. Stimmt diese Beschreibung?
Ich mache vorwärts, bin ein pragmatischer Macher-Typ. Ich habe Lust an der Politik und zeige dies auch.

Es ist nicht einfach, Sie politisch einzuordnen. Einerseits engagierten Sie sich in der Neuen Europäischen Bewegung Schweiz für einen EU-Beitritt der Schweiz und gaben Hunderten von Sans-Papiers eine Aufenthaltsbewilligung, anderseits fahren Sie einen strikten Kurs im Asylwesen und bei der Bekämpfung der Kriminalität. Sind Sie also ein linker oder rechter FDPler?
Weder noch. Die Politik ist etwas komplizierter als das Links-rechts-Schema. Nur ein Beispiel: Ich finde, man soll streng sein mit den Leuten im Strafvollzug. Aber fair mit jenen Leuten, die keine Probleme machen.

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