Das Tessin pocht lautstark auf einen Sitz im Bundesrat. Nach 18 Jahren ohne Tessiner Vertretung will die Südschweiz zurück in die Exekutive. «Es geht nicht um die Zusammensetzung eines Fussballteams, sondern um unsere Landesregierung», mahnt CVP-Nationalrat Marco Romano (34, TI). «Wird die italienischsprachige Schweiz jetzt erneut übergangen, mangelt es in Bundesbern an Respekt für die Minderheiten.»
Für Romano ist deshalb klar, dass FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis (56) für die Nachfolge von Didier Burkhalter (57) den Sprung in den Bundesrat schaffen muss. «Wenn es jetzt nicht klappt, dann wird es sehr lange dauern, bis wieder ein Tessiner zum Zug kommt», ist sich Romano sicher.
Vier Lateiner für Caroni «nahezu undenkbar»
Dabei nützt auch wenig, dass die CVP mit dem Tessiner Ständerat und Fraktionschef Filippo Lombardi (61) einen valablen Nachfolger für die spätestens 2019 abtretende CVP-Magistratin Doris Leuthard (54) in der Hinterhand hat.
Für diesen scheint der Zug aber bereits abgefahren, denn: «Bleiben drei Romands in der Regierung, wird die Hürde für einen Tessiner noch viel höher als jetzt», glaubt Romano. «Es ist klar, dass die Deutschschweiz mindestens vier Vertreter stellt, alles andere wäre unschweizerisch.»
Werde Cassis nicht gewählt, sei das Zeitfenster für die Tessiner für «zehn bis zwanzig Jahre» zu, sagt auch FDP-Ständerat und Cassis-Unterstützer Andrea Caroni (37, AR). Denn: «Vier Lateiner in der Regierung, das ist nahezu undenkbar. Dann wird ein Tessiner erst beim Rücktritt eines Romands wieder ein Thema.»
CVP-Lombardi hat mehr Zeit fürs Fischen
Und das kann dauern. SP-Bundesrat Alain Berset (45) als neu amtsältester Romand wird noch einige Jahre bleiben – und die im Tessin schwache SP wird auch dann kaum einen eigenen Tessiner Bundesrat stellen wollen. Die SVP wiederum wird sich dereinst für die Nachfolge von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (57) kaum auf ein neuerliches Tessiner Abenteuer einlassen.
Wann sich wieder eine «Tessiner Konstellation» ergibt, steht damit in den Sternen.
Davon nicht beirren lässt sich Filippo Lombardi selbst. Zu seinen persönlichen Bundesrats-Ambitionen will er sich zwar nicht äussern. In einer lateinischen Bundesratsmehrheit sieht er aber kein Problem. «Es gab schon allerlei Formeln im Bundesrat, deshalb sehe ich keinen Grund, eine davon a priori auszuschliessen», so Lombardi.
Für ihn steht jetzt die Burkhalter-Nachfolge im Vordergrund. «Dabei unterstütze ich die Kandidatur von Ignazio Cassis», betont Lombardi – und fügt an: «Wird er gewählt, kann ich mich wieder stärker dem Fischen auf dem Luganersee widmen.»