So will sie Bundesratskandidatur retten
Nach Mietaffäre fordert Amherd einen CVP-Persilschein

Bundesratskandidatin Viola Amherd ist unter Beschuss. Grund ist ein Gerichtsfall. Jetzt geht die Walliserin in die Offensive.
Publiziert: 14.10.2018 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2018 um 07:37 Uhr
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Viola Amherd gilt als Favoritin für den Bundesratssitz der CVP .
Foto: Keystone
Marcel Odermatt

Tritt sie jetzt doch nicht an? Lange galt Viola Amherd (56) als Top-Favoritin für die Nachfolge von Bundesrätin Doris Leuthard (55). Diese Woche aber berichtete der «Walliser Bote»: Am 2. Mai 2018 habe das Bezirksgericht von Brig in erster Instanz entschieden, dass die CVP-Politikerin als Vermieterin einer Liegenschaft jahrelang unrechtmässig Geld kassierte.

Amherd und ihre Schwester müssen der Mieterin, dem Energieunternehmen Alpiq, 252 468 Franken zurückzahlen. Die beiden haben beim Walliser Kantonsgericht Berufung eingelegt. Wann der neue Prozess stattfindet, steht noch nicht fest.

Gegen aussen gibt sich die Oberwalliser Nationalrätin betont unbeeindruckt. Aus ihrer Sicht beeinträchtige das Verfahren eine mögliche Bundesratskandidatur nicht, erklärte die Juristin. Nur: So locker, wie sie es darstellt, nimmt die Brigerin den Fall keineswes. Amherd ist nervös.

SonntagsBlick weiss: Eigentlich wollte sie ihre Kandidatur für den Berner Topjob bereits diese Woche bekanntgeben. Wegen der Negativschlagzeilen hat sie die Ankündigung verschoben.

Amherd meldete sich selber

Recherchen zeigen: Amherd hat sich persönlich bei der unabhängigen Prüfungskommission der CVP gemeldet. Alt CVP-Bundesrichter Heinz Aemisegger sowie die ehemalige Untersuchungsrichterin und Suva-Verwaltungsrätin Judith Fischer werden die Dossiers aller christdemokratischen Anwärter unter die Lupe nehmen.

Amherd bestätigt, dass sie der unabhängigen Prüfungskommission der CVP das Dossier überreicht hat: «Es ist mir wichtig, dass diese die Vorgänge transparent untersucht und beurteilt werden», sagte sie zu SonntagsBlick.

Eigentlich sollten Aemisegger und Fischer erst aktiv werden, wenn jemand bereits ins Bundesratsrennen gestiegen ist. Amherd will aber, dass die beiden Kontrolleure eine Risikobeurteilung vornehmen – vom Ergebnis dieser Untersuchung will sie dann abhängig machen, ob sie überhaupt antritt – was wiederum zeigt, wie ernst es ihr mit ihren Ambitionen für einen Sitz in der Landesregierung ist.

Laut Informationen von SonntagsBlick haben Aemisegger und Fischer zugesagt. Sie beschäftigen sich bereits mit dem Fall.

SP-Jositsch ist empört

Während Amherd die Mietzins-Affäre von ihrer Partei untersuchen lässt, erhält sie Schützenhilfe von links. Genauer: vom Zürcher Strafrechtsprofessor und Ständerat Daniel Jositsch (53). Das Urteil im Zivilprozess von Amherd gegen ihren Mieter öffentlich auszubreiten, hält der Sozialdemokrat für ungeheuerlich: «Es ist ein Unterschied, ob es sich um einen Zivil- oder einen Strafprozess handelt!»

Wenn sich jemand wegen eines Delikts vor Gericht verantworten müsse, sei dies für eine Bundesratskandidatur relevant, da gehe es um ein Fehlverhalten. «Hingegen muss sich jeder in einem Zivilverfahren vor Gericht verteidigen können – auch eine Bundesratskandidatin», so Jositsch. In diesem Fall gehe es einzig um die Klärung rechtlicher Auseinandersetzungen.

Überrascht ist Viola Amherd von der Kritik, die ihr bereits vor der Mietzinsaffäre ausgerechnet in ihrer Hauszeitung widerfuhr, dem «Walliser Boten». Für den Bundesratsposten sei keine Frau, sondern ein fähiger Kandidat gefragt, kommentierte die Zeitung auf der Titelseite. Ein paar Tage später wurde Amherd in einem Gastkommentar als «überbewertete Aktie» bezeichnet.

Amherds enge Freundin Brigitte Hauser-Süess (64), ehemalige Präsidentin der CVP-Frauen Schweiz, zeigt sich über diesen Vorgang entrüstet: «Als Frau steht man heutzutage immer noch mehr unter Beobachtung und wird stärker kritisiert als ein Mann.»

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