Dunkles Holz, unzählige Spiegel und ein Marmorboden. Das Ambiente im Hotel Beau-Rivage ist schwer. Schwer tat sich auch die FDP-Fraktion mit einem Entscheid zur Frage, ob man mit zwei oder drei Kandidaten ins Rennen um die Nachfolge von Didier Burkhalter steigt.
Am Ende entschieden sich die Freisinnigen für den einfachsten Weg. Sie stellten mit Ignazio Cassis (56), Isabelle Moret (46) und Pierre Maudet (39) alle drei Kandidaten auf. Das Abstimmungsresultat fiel mit 22 zu 19 Stimmen knapp aus. Vor allem die Ständeräte hätten lieber eine Zweier-Auswahl präsentiert.
Für das Dreierticket gab es zwei Gründe: Der eine war der Auftritt von Moret. Der andere war die beständige Stärke von Maudet.
Nach einer nervösen und unsicheren Kampagne im Vorfeld kämpfte sich die Waadtländerin in der Fraktionsanhörung zurück ins Rennen. «Sie war die Überraschung im positiven Sinne», sagte Ständerat Joachim Eder (65) nach der Sitzung. Sie sei deutlich besser gewesen als bei ihrem Auftritt im Rahmen der
FDP-Roadshow in Zug. Ähnlich äusserte sich auch Nationalrat Thierry Burkart (42). Und FDP-Frauen-Präsidentin Doris Fiala (60) war richtig beeindruckt: «Wer so unter die Räder kommt wie Moret und dann die Kraft findet für einen solchen Auftritt, beweist, dass sie eine gute Bundesrätin wäre.»
Nicht alle fanden Moret so überzeugend. Der Grund für das Dreierticket sei bloss die Angst der Partei vor der öffentlichen Kritik, wenn man nun die Frau absäge, fand ein Fraktionsmitglied nach der Sitzung. Da erging es dem jungen Genfer Maudet ganz anders. Wie schon in seiner offensiven Kampagne die Öffentlichkeit, überzeugte der führungsstarke Regierungsrat auch die FDP-Fraktion. Nicht wenige sehen in ihm einen jungen Pascal Couchepin – der alt Bundesrat gilt denn auch als Förderer Maudets. Insbesondere Ständeräte beeindruckte sein selbstbewusster Auftritt.
Für die FDP-Führung lief es rund an diesem Freitag. An der Pressekonferenz zeigte sich Präsidentin Petra Gössi (41) «enorm stolz», dass die Partei zeigen könne, auf wieviele profilierte Köpfe sie zurückgreifen könne. «Wir sind bereit für den Wettbewerb», sagte sie.
Die Hochstimmung in der Partei hatte sich im Verlauf des Nachmittags schon abgezeichnet. Nach ihren jeweiligen Anhörungen gaben sich alle drei Kandidaten betont locker. An der Pressekonferenz lobten sie ihre Partei und sich gegenseitig. Moret dankte der Fraktion, Cassis freute sich, dass sie nun weitere zweieinhalb Wochen miteinander Wahlkampf machen dürfen. Und wie ein Maienkäfer strahlte Maudet, der sich in seiner Strategie einer offensiven Kampagne bestärkt sehen darf. Während seine Kollegen ihre Statements abgaben, beantwortete er schon erste Gratulations-SMS.
Iganzio Cassis
Der Tessiner Arzt Ignazio Cassis (56) ist noch immer auf Kurs. Seit Didier Burkhalters Rücktritt ist er Favorit – und wird es bleiben. Daran ändert auch sein viel diskutiertes blumiges Sofa nichts. Kritik muss er wegen seiner Lobbymandate nur von links einstecken. Cassis verkörpert für die bürgerliche Mehrheit im Parlament solide Verlässlichkeit. Mit ihm käme es im Bundesrat zu einer kleinen bürgerlichen Wende, da er in Finanz- und Wirtschaftsfragen näher bei der SVP politisiert als Burkhalter. Und in der Roadshow der FDP parierte er an den öffentlichen Podiumsdiskussionen den aufstrebenden Pierre Maudet souverän.
Pierre Maudet
Eigentlich hat ein Westschweizer Mann bei diesen Wahlen keine Chance – dachte man. Doch der Genfer Staatsrat Pierre Maudet hat sie sich mit einer offensiven Kampagne erkämpft. Der 39-Jährige hat einen gesunden Ehrgeiz und positionierte sich als Macher mit Führungsanspruch. Für alle möglichen politischen Lager hat er Lösungen bereit: harte Ausschaffungen, Legalisierung von Sans-Papiers, Reaktion auf die Digitalisierung oder harter Kampf gegen den Terror. Einzig für die SVP ist Maudet ein rotes Tuch. Aber wenn er in den Hearings der anderen Parteien punktet, sind seine Wahlchancen intakt.
Isabelle Moret
Die einzige Frau darf trotz ihres bisher schlechten Wahlkampfs auf dem Ticket bleiben. Ihr Auftritt in der Fraktion überzeugt. Doch Isabelle Morets (46) Karten in der Bundesversammlung sind dennoch schlecht. Zu unsicher wirkte sie bei der Lancierung ihrer Kandidatur. Und zu unsouverän reagierte sie auf kritische Fragen
zu ihrem Einkommen und ihren Lobbymandaten. Obwohl ihr viele Parlamentarier zu Beginn das Format für den Bundesrat zutrauten, wird sie nun hinter vorgehaltener Hand als Fehlbesetzung bezeichnet. Dennoch wollen die linken Parteien und die BDP eine Frau wählen – und das wäre Moret.
Kommentar von Bundeshausredaktorin Sermîn Faki
Ignazio Cassis, Isabelle Moret, Pierre Maudet: So lautet das Ticket der FDP für die Bundesratswahl. Nicht wenige werden das feige schimpfen und den Liberalen als Schwäche auslegen. Doch aus Parteiräson ist der Entscheid nachvollziehbar: Die Fraktion kann offensichtlich mit allen drei Kandidaten leben. Ohne Not einen Verlierer zu produzieren, wäre da wenig klug gewesen. Denn egal, wer auf der Strecke geblieben wäre – der Tessiner Cassis, die Frau Moret oder das Polit-Talent Maudet: Der Ärger wäre der FDP gewiss gewesen.
Die Partei hat daher richtig entschieden: Sie trifft nicht hinter verschlossenen Türen eine Vorentscheidung, sondern präsentiert der Bundesversammlung eine echte Auswahl. Nun können die anderen Fraktionen in den Hearings herausfinden, wer das Format für die Landesregierung hat. Und die Bundesversammlung kann entscheiden, was aus ihrer Sicht wichtiger ist: die regionale Ausgewogenheit des Bundesrats, eine angemessene Vertretung der Frauen oder Exekutiverfahrung.
Kommentar von Bundeshausredaktorin Sermîn Faki
Ignazio Cassis, Isabelle Moret, Pierre Maudet: So lautet das Ticket der FDP für die Bundesratswahl. Nicht wenige werden das feige schimpfen und den Liberalen als Schwäche auslegen. Doch aus Parteiräson ist der Entscheid nachvollziehbar: Die Fraktion kann offensichtlich mit allen drei Kandidaten leben. Ohne Not einen Verlierer zu produzieren, wäre da wenig klug gewesen. Denn egal, wer auf der Strecke geblieben wäre – der Tessiner Cassis, die Frau Moret oder das Polit-Talent Maudet: Der Ärger wäre der FDP gewiss gewesen.
Die Partei hat daher richtig entschieden: Sie trifft nicht hinter verschlossenen Türen eine Vorentscheidung, sondern präsentiert der Bundesversammlung eine echte Auswahl. Nun können die anderen Fraktionen in den Hearings herausfinden, wer das Format für die Landesregierung hat. Und die Bundesversammlung kann entscheiden, was aus ihrer Sicht wichtiger ist: die regionale Ausgewogenheit des Bundesrats, eine angemessene Vertretung der Frauen oder Exekutiverfahrung.